VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Das Derby 1860 gegen Türkgücü (Samstag, 14 Uhr, db24-Ticker) ist auch ein Wiedersehen mit vielen Ex-Löwen. Einer der Ehemaligen ist: Alexander Schmidt. Der 52-Jährige stand insgesamt zehn Jahre an der Grünwalder Straße 114 unter Vertrag, davon etwas mehr als zehn Monate als Chef-Trainer. Seine Bilanz zwischen November 2012 und August 2013: 28 Spiele, 11 Siege, neun Niederlagen. Auf Platz 6 in der Zweiten Liga wurde Schmidt beurlaubt. Das db24-Interview:

db24: Herr Schmidt, wie hoch ist die Anspannung, immerhin geht’s gegen Ihren Ex-Verein 1860?

ALEXANDER SCHMIDT: Ich bin schon sehr motiviert, schließlich war ich über zehn Jahre bei 1860 - mit Höhen und Tiefen. Diese Zeit hat mich geprägt, ich will sie niemals missen. Ich war auch nicht unerfolgreich. Ich hatte in der Jugend Talente wie die Benders, Kevin Volland oder Bobby Wood trainiert. Aber auch Christopher Schindler oder Tobi Strobl. Beide wollte man in der U16 loshaben. Ich habe mich für sie eingesetzt. Das war nicht die schlechteste Entscheidung. Auch wenn das Ende bei 1860 für mich traurig war, sehe ich die Zeit absolut positiv. 1860 war für mich ein wichtiges Kapitel in meiner Trainer-Laufbahn. Je höher es bei 1860 ging, desto dünner wurde die Luft.

db24: Können Sie sich noch an Ihre Entlassung im Jahr 2014 erinnern: Was ist damals falsch gelaufen?

Wenn man bei 1860 oben ankommt, wird die Luft dünn. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe, die ich heute so nicht mehr wiederholen würde.

db24: Die da wären?

Ein Beispiel: Necat Aygün konnte bei mir nicht mehr so trainieren, wie er sollte. Das konnte ich nicht akzeptieren, weil ich sehr ehrgeizig war. Und dann war da noch die Sache mit den Medien. Ich habe der Presse nicht die große Bedeutung zugemessen. Ich dachte, wenn ich Erfolg habe, dann läuft das andere automatisch. Heute weiß ich: Das war ein Fehler.

db24: Warum ist es so schwer, bei den Löwen als Trainer zu performen?

Ich kann nur von meiner Zeit bei 1860 sprechen: Es gab keine gesunde Mitte. Die Erwartungshaltung war extrem, man hat sich immer noch als Erstligist gefühlt. Es wurde immer das Maximum erwartet, obwohl die Voraussetzungen nicht vorhanden waren. Es wurde nicht 100 Prozent gefahren. Wenn wir einen Spieler wollten, hat sich das immer in die Länge gezogen. Es war immer Zwist - und ich war immer mittendrin. Ich kann aber auch die Investorenseite verstehen. Sie hat viel Geld gegeben - und wurde nie angehört. Ich hatte sowieso nie ein Problem mit Hasan Ismaik. Er war mir gegenüber immer sehr korrekt.

db24: Wie sehen Sie die Arbeit Ihres Nachnachnachnachfolgers Michael Köllner?

Michael Köllner macht das wirklich sehr akribisch. Er holt in Verbindung mit Günther Gorenzel das Maximale aus 1860 heraus. Aber bei den Löwen ist es immer ein schmaler Grat. Gewinnst du dreimal nicht, wirst du sofort hinterfragt. Der Druck auf den Trainer ist immer riesig - und das ist ja auch irgendwie verständlich: Mit Mittelmaß will man sich bei 1860 nicht zufrieden geben. Das finde ich prinzipiell auch richtig, denn 1860 ist ein großer Verein, für den die Dritte Liga nur eine Durchgangsstation sein darf.

db24: Warum ist 1860 trotz einer kleinen Flaute zuletzt weiterhin eine Spitzenmannschaft?

Wenn ich 1860 analysiere, dann haben sie wirklich guten Plan. Köllner stellt die Mannschaft immer gut ein. Der herausragende Spieler ist Sascha Mölders, den wir auch gerne gehabt hätten. Er ist einfach immer noch bockstark für die Dritte Liga. Die erste Elf von 1860 hat gehobenes Drittliga-Niveau.

db24: Ihr Vorgänger Reiner Maurer hat einmal gesagt, Türkgücü-Präsident Hasan Kivran würde sich immer in die Aufstellung einmischen. Können Sie das bestätigen?

Nein, das kann ich so nicht bestätigen - das würde ich auch nicht akzeptieren. Hasan Kivran sagt mir seine Meinung, aber die letzte Entscheidung liegt immer bei mir, beim Trainer. Und ich verstehe voll und ganz, dass er sich für das Personal interessiert, wer spielt. Er bezahlt das auch - Türkgücü ist sein Baby. Er hat den Verein ab der Landesliga aufgebaut. Das ist nicht hoch genug zu bewerten.

db24: Türkgücü hat in dieser Saison erst einmal verloren (0:2 gegen Magdeburg) - Liga-Bestwert. Macht Sie das ein wenig stolz?

Psychologisch ist es besser, wenn ich nicht verliere, klar. Aber ich würde mir wünschen, dass wir mehr Siege einfahren. Das ist besser fürs Tabellenbild. Leider haben wir in verschiedenen Spielen nicht das Spielglück gehabt, wie zum Beispiel beim 2:2 gegen die Bayern.

db24: Ihr Geschäftsführer Max Kothny hat gesagt, Türkgücü wolle 1860 mittelfristig als Nummer 2 ablösen. Ist das möglich?

Mir geht’s nicht um die Münchner Stadtmeisterschaft. Ich will das bestmögliche sportliche Ergebnis erzielen - das ist mein Antrieb. Sie spüren es: Ich lasse mich nicht aufs Glatteis führen (lacht).

db24: Warum entscheidet Türkgücü dieses brisante Derby?

Das lasse ich jetzt offen. Es wird in jedem Fall ein richtiges Prestige-Duell. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, dann würde das deutschland-weit Beachtung finden - auch wenn es nur drei Punkte gibt. Unser Michi Hofmann ist schon brutal heiß. Wir haben die Zeit bei 1860 nicht vergessen. Aber jetzt zählt Türkgücü - mit jeder Faser.

Welches Duell wird wichtig sein?

Wir müssen Mölders ausschalten - das wird wichtig sein, wenn wir gewinnen wollen. Und ich hoffe natürlich, dass ein guter Schiedsrichter für dieses Spiel eingeteilt wird.