Wildmoser Junior: "Letztlich hätte der FC Bayern uns das Stadion bezahlt"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (Foto)
- 06.04.2021 13:08
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Der Titel heißt „Inside 1860 - die Löwen, die Arena und das Geld“. Es ist ein durchaus gut gemachter Aufklärungs-Podcast rund um die Löwen, den die beiden “SZ”-Reporter Philipp Schneider und Markus Schäflein für “FYEO” produziert haben. Doch wahrlich Neues erfährt man auch in Folge 3 “Das Ende des Monarchen” nicht wirklich.
Aber: Heinz Wildmoser jun. spricht erstmals ausführlich über seine Zeit bei 1860, als er an der Seite seines Vaters zum doppelten Geschäftsführer aufgestiegen war und im Zuge des Arena-Skandals zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war. “Ich war nur Geschäftsführer im Verein, weil ich Geschäftsführer bei der Stadion GmbH wurde. Und zu dem Zeitpunkt war das vernünftig und Wunsch unserer Gremien, speziell im Aufsichtsrat, dass es dann eine Verbindung gibt zwischen Verein und Stadion und deswegen wurde ich Geschäftsführer in beiden Bereichen”, erklärte der Junior. Und: “Nicht mein Vater hat mich überredet, sondern die Gremien und auch der FC Bayern. Sie haben gesagt: ‘Du bist der Einzige, der die Akzeptanz hat und auch die Erfahrung im Immobilienbereich da ist’.” Die Wildmosers hatten nach der Wende rund 1000 Wohnungen in Dresden.
Wildmoser verriet, dass er damals “tief beeindruckt” gewesen sei, als er die Verträge des FC Bayern gelesen hatte. “Wo es um die Finanzierung ging, da habe ich leichte Herzbeklemmungen bekommen, weil ich mir gedacht hab: Oh, Sechzig ist echt klein!” Konkret: Es ging nicht um die Finanzierung, sondern um diverse Sponsorleistungen des FC Bayern.
Und trotz dieses Ungleichgewichts bauten die kleinen Löwen mit den großen Bayern die Allianz Arena. Wildmoser Junior: “1860 hat Erste Liga gespielt, international auch. Es war die Frage: Wo kann man sich weiterentwickeln? Die Randbedingungen waren sehr positiv - und es war keine Entscheidung von meinem Vater, sondern von allen Gremien. Dann müsste man behaupten: Alle, die in den verantwortlichen Gremien saßen, waren größenwahnsinnig. Und das glaube ich nicht.” Auch der damalige OB Christian Ude saß im 1860-Aufsichtsrat - ein Gegner des gemeinsamen WM-Stadions war Ude aber nicht. Gewarnt will er die Löwen trotzdem haben. Er behauptet: “Es gab Aufsichtsratssitzungen, da habe ich gesagt: “Übernehmt euch nicht finanziell.”
Hatten sich die Löwen von Anfang an übernommen? Wildmoser Junior behauptet: Nein! Er bestätigte, dass die kompletten Logen-Einnahmen und die Namensrechte für Allianz komplett in einen Topf reingekommen wären: “Der FC Bayenrn hat zugestimmt, dass in diese Stadiongesellschaft Einnahmen einfließen, die wir sonst nie bekommen hätten. Zum Beispiel die Einnahmen aller Logen, also der Verkauf aller Logen. Und diese sind zu 100 Prozent in die Finanzierung des Stadions eingeflossen.” Insgesamt gibt es 106 Logen, 104 waren an Bayern-Sponsoren vermietet. Eine gehörte bis vor vielen Jahren 1860-Ikone Petar Radenkovic mit Freunden.
Wildmoser findet: “Letztlich hätte uns der FC Bayern das Stadion bezahlt, unseren Anteil. Das Eigenkapital, damit überhaupt so eine Finanzierung möglich ist, hat der FC Bayern gestellt. Wir hatten ja gar keine Mittel. Wir haben die Mittel gebraucht für den Sport - und der FC Bayern hatte Eigenkapital von 75 Millionen Euro von Adidas zur Verfügung.” Der Deal mit den Roten war, dass die Löwen das irgendwann zurückzahlen. Der alte Wildmoser wusste zu diesem Zeitpunkt freilich auch: Ohne 1860 hätten die Bayern dieses Stadion nie bauen können. Der Rekordmeister brauchte die Löwen, um die Infrastruktur (rund 210 Millionen Euro, u.a. Autobahnausfahrt, U-Bahn-Station, Grundstück) zu bekommen. Ude bestätigt dies mit dem Verweis auf das Europarecht. Ude erinnert sich an ein Treffen mit Wildmoser und Franz Beckenbauer, als der Löwen-Präsident zu Beckenbauer mit seinem typisch schelmischen Grinsen sagte: “Sigst’as’, Franz. Das ist unser Finanzbeitrag!” Die Löwen verkauften nur kurze Zeit nach der Arena-Erstellung ihre Anteile an der Allianz Arena für 12,6 Millionen Euro. Darüber sollen sie an der Säbener Straße noch heute kräftig lachen…
Für Muffathallen-Betreiber Christian Waggershauser war das gemeinsame Stadionprojekt zwischen Bayern und 1860 von jeher ein Dorn im Auge. Der 60-Jährige beschreibt das in seinen Worten: “Auf Augenhöhe mit Bayern? Ich kann nur das alte Beispiel nennen: Wenn ein Milliardär und ein Hartz IV-Empfänger entscheiden, wir ziehen jetzt zusammen und der Millardär sagt: “Ich hab da was”… Das war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil jeder, der rechnen kann, der konnte sich das selber ausrechnen.” Für Waggershauser, der selbst wenig erfolgreich die Stadion-Kommission bei 1860 leitete und auch über Jahre Mitglied des 1860-Verwaltungsrats und Aufsichtsrat war, war Wildmoser ein Blender: “Ich weiß nur, dass er bevor er Präsident war, ein in der Stadt unbekannter Gastronom war. Er hat seine Popularität genutzt, um seine Geschäfte zu vergrößern, Hotels zu bauen etc.” Eine Aussage, die allerdings bei genauem Betrachten schnell widerlegt ist: Wildmoser gehörten schon vor seinem Einstieg bei 1860 im Jahr 1992 mehrere bekannte Wirtschaften in München, u.a. das Donisl, Pschorrkeller, Pschorrhallen, Hackerkeller - und die Entenbraterei auf dem Oktoberfest. Aber nach all den Jahren kann man schon mal schnell vergessen…
Hört rein in diesen durchaus hörenswerten Podcast! Hoffentlich kommen auch bald Fritz Scherer (ehemaliger Bayern-Präsident und kurz vor dem Skandal neben Wildmoser zweiter Stadion-Geschäftsführer Fritz Scherer), Edmund Stoiber (damaliger Ministerpräsident), Franz Beckenbauer, Monika Hohlmeier (frühere Kultusministerin und 1860-Aufsichtsrätin), Stefan Ziffzer (damals 1860-Geschäftsführer, heute beim FC Bayern Basketball beschäftigt) - sowie der damalige Alpine-Boss aus Österreich zu Wort.