VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Die Feier zum 75. Geburtstag war überschaubar: Keine große Party, dafür war Ferdl Keller mit Freunden und Familie im Kloster Andechs zum Mittagessen. "Bei ner Haxn und ein paar Maß Bier", sagte der ehemalige Löwen-Held der 70er Jahre (96 Tore) im db24-Interview.

db24: Lassen Sie uns mal teilhaben an Ihrem Leben: In den Wintermonaten sind Sie immer in Südafrika - warum?

FERDL KELLER: Wir haben seit 26 Jahren ein Gästehaus mit dem Namen ‘Andrea” in Kapstadt. Das Haus haben wir zehn Jahre nach meiner Fußballer-Laufbahn gekauft. Wir haben das erworben, damit wir Golf spielen können und warmes Wetter haben. Als ich mit einem Freund aus Hamburg das erste Mal nach Südafrika geflogen bin, habe ich mich nach einer Rundreise sofort in dieses wunderschöne Land verliebt. Ich habe sofort das Gefühl gehabt: “Mei, das ist wie ein Heimat. Da war ich schon mal.” Und meine Frau sagte nur kurz: “Red ned so an Schmarrn - da kannst nicht dort gewesen sein. Wir sind 55 Jahre verheiratet - das würde ich wissen…” Und dann hab ich ihr gesagt: “Wir kaufen uns in Südafrika eine Wohnung.” Ein Jahr später haben wir ein Kaufangebot für ein Haus im Kolonialstil von 1946 bekommen. Das ist mein Geburtsjahr - das musste es einfach werden (lacht). Und dann sind jedes Jahr runter. Und die Südafrikaner sind sehr gute Golfer. Da habe ich meine Chance gesehen…

db24: Verraten Sie uns mal, wer schon alles Ihre Gäste waren?

Der Sepp Maier oder Werner Olk. Mit dem Wilfrid Kohlars, der ebenfalls in Südafrika gelebt hat, hab ich oft gegolft. Ein Superkerl. Auch der Fredi Heiß war schon da. Viele ehemalige Bundesligaspieler kommen auch heute noch zu mir. Wer also mal nach Südafrika fliegt: Kommt’s einfach bei mir vorbei! Normalerweise fliege ich Anfang Oktober wieder runter - wenn Corona mitspielt. Letztes Jahr waren wir eigentlich ausgebucht, doch dann kam das mit der 14-tägigen Quarantäne und wir hatten in sechs Monaten nur zwei Gäste. Das war sehr traurig…

db24: Auch wenn die Löwen heute zum ersten Mal seit Jahrzehnten Ihnen gratulierten, sind Sie bei Ihrem Herzensverein mehr oder in Vergessenheit geraten: Haben Sie eine Erklärung?

Ich weiß nicht, warum das so ist. Das sind eben die kleinen Schönheitsfehler der Löwen (lacht). Natürlich war ich auch nur selten im Stadion. Ich hatte einfach zu wenig Zeit. Wenn 1860 gespielt hat, war ich aber immer am Fernseher. Ich war schon ein paar Mal im Stadion, aber im Grünwalder war ich noch nie als Zuschauer. Ich bin da nie hingekommen (lacht).

db24: Wie sehen Sie 1860 generell heute?

Ja, mei: 1860 gehört in die Erste Liga rein. Für mich ist das schon schlimm, dass mein Verein nur in der Dritten Liga spielt. Ich werde immer ein Löwe bleiben. Wenn ich die Löwen anschaue, habe ich immer das Gefühl, dass sie von den Schiedsrichtern benachteiligt werden. Ich weiß nicht, ob ich mit dieser Meinung allein bin, aber meine Augen sagen mir das. Das ist meine persönliche Meinung. Und die Spieler resignieren dann leider…

db24: Der Verein beschäftigt sich auch heute immer noch mit der Stadion-Frage: Reicht das Grünwalder - oder nicht?

Sie werden es nicht glauben: Dieses Thema hatten wir schon in den 70er Jahren. Ich habe ja den Umzug vom Grünwalder Stadion ins Olympiastadion mitgemacht - und wir als Spieler waren froh, dass wir in diesem großen Stadion spielen durften. Im Grünwalder Stadion war das so eine Geschichte mit dem Publikum, die Spieler können sich auch besser verstecken als in einem großen Stadion. Ich hatte im Grünwalder auch mal eine private Geschichte: Ich habe das zwar nicht selbst gesehen, sondern nur meine Frau: Meine Schwiegermutter hatte dem Schiedsrichter mit dem Regenschirm eine auf dem Kopf naufghaut (lacht). Mein Tipp: 1860 sollte sich mehr um seine Mannschaft als ums Stadion kümmern!

db24: In der Bundesliga haben Sie bei 1860 nur kurz in der Abstiegssaison 1969/1970 gespielt…

“Ja, und deswegen bin ich aus Hannover wieder zurück, um mit Sechzig in die Erste Liga aufzusteigen. Das hat aber leider trotz mehrerer Anläufe nicht geklappt. Wir hatten mit Hans Tilkowski einen guten Trainer, aber wir als Spieler haben nicht funktioniert. Die großen Spiele mit 1860 waren für mich nur die Freundschaftsspiele gegen die Bayern. 1976 bin ich dann zu HSV gewechselt und die Löwen stiegen ohne mich in die Bundesliga auf. Das hat mir schon weh getan, weil 1860 immer mein Verein war. Aber ich wurde im selben Jahr mit dem HSV Europapokalsieger.”

db24: 1975 machten Sie als 29-jähriger Zweitligaspieler des TSV 1860 sogar ein A-Länderspiel in Österreich. Wie kam’s?

Ich habe mit der B-Nationalmannschaft in Augsburg gespielt - und nach 35 Minuten habe ich ein Tor gemacht. Der Trainer hat damals zu mir gesagt: ‘Ich muss dich jetzt auswechseln, weil du mit mir morgen nach Wien fährst.’ Ich wurde dann in der 70. Minute eingewechselt. Warum ich dann nie wieder berufen wurde, das weiß ich bis heute nicht. Helmut Schön meinte damals zu mir: ‘Wir sehen uns wieder.’

db24: Sie waren damals Kult bei 1860 - genauso wie Sascha Mölders heute…

Mölders gefällt mir, ganz egal, ob er ein kleines Bäuchlein hat - er ist ein Goalgetter. Er erfüllt seine Aufgabe. Das ist super.

db24: Welche Löwen-Mannschaft war die beste?

Ganz klar, die Meister-Löwen von 1966. Heiß, Kohlars, Rebele, Reich, Grosser, Küppers - der Radi. Diese Mannschaft wäre heute auch in der Bundesliga ganz vorne dabei. Das waren alles tolle Fußballer, Techniker. Natürlich hat sich der Fußball verändert. Damals standen Techniker auf dem Platz - heute siehst du Spieler, die in den Ball reinbeißen…(lacht).”