Interessenkonflikt? 1860-Sponsor ruft "ARGE Leaks" ins Leben
- VON OLIVER GRISS
- 18.10.2021 08:41
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VON OLIVER GRISS
Eigentlich wäre beim TSV 1860 aufgrund des sportlichen Abwärtstrends der 1. Fußball-Mannschaft, dem Aushängeschild des Klubs, innere Ruhe angesagt. Doch vor einigen Tagen wurde ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet, der den Großteil der Löwen-Fans wahrscheinlich kalt lässt, aber trotzdem im Netz präsent ist: “ARGE Leaks - von der Gründung bis zur Causa Gerhard Schnell.”
Und jetzt wird’s richtig interessant: Stephan Rieger, bekannt auch als Inhaber von “Tempel Tattoo” und seit Sommer 2020 mit diesem Studio offizieller Löwen-Sponsor in der KGaA, betreibt seit einiger Zeit einen kommerziellen Fanblog, der sich neuerdings um die Aufklärung der “Vetternwirtschaft” bei der ARGE, dem Dachverband der Löwen-Fanclubs, kümmert. Aber gibt’s hier möglicherweise einen Interessenkonflikt? Auf der einen Seite Sponsor, auf der anderen vermeintlicher Aufklärer? Löwen-Geschäftsführer Marc Pfeifer kann diese Konstellation nicht gefallen - die KGaA macht sich angreifbar. Was der ARGE vorgeworfen wird, macht der Löwen-Sponsor selbst: Vereinsmeierei - und das als Sponsor der KGaA.
Rieger ist seit Jahrzehnten ein bekanntes Gesicht in der aktiven Fanszene. Er managte um die Jahrtausendwende das “Löwenforum”, in dem u.a. aktuelle Funktionsträger immer wieder das Wildmoser-Regime scharf kritisierten. Und natürlich - wie soll es auch anders sein - wurde stets das Grünwalder Stadion abgefeiert. Heute ist das Forum laut Impressum in den Händen von Dr. Markus Drees (ja, das ist der Herr aus dem Verwaltungsrat) und Stefan Markt.
Zurück zum eigentlichen Thema: Der ARGE wird bei “sechzger.de” Vereinspolitik zu ungunsten des TSV vorgeworfen. Ex-Vorstand Gerhard Schnell hat fingierte Emails an die Geschäftsstelle geschrieben, um diverse Mitarbeiter aus dem 1860-Kosmos zu diskreditieren, u.a. den ehemaligen Fanbeauftragten Basti Weber, der früher für den “Wochenanzeiger” und jetzt beim FC Bayern arbeitet. Er hat entnervt bei 1860 aufgegeben. Auch Oskar Dernitzky, der sich um ein Plätzchen in der ARGE-Vorstandschaft bemühte, soll ein hartnäckiger Kontrahent von Schnell gewesen sein. Dernitzky hatte sich aber selbst ins Abseits geschossen - mit seinem ablehnenden Facebook-Profilbild “Rote Karte für Ismaik!” Die alte ARGE-Führung soll dies auch der KGaA vorgetragen haben. Auch die Rolle der ARGE zum “Team Profifußball” (u.a. mit Bernhard Winkler, Thomas Hirschberger, Klaus Ruhdorfer) wird kritisiert. Das Credo: Wieder hat die ARGE aufs falsche Pferd gesetzt.
Zurück zur Familie Schnell: Der gesundheitlich angeschlagene Gerhard Schnell zog vor vielen Monaten die Konsequenzen aus seinem Kleinkrieg: Er hat sich entschuldigt und ist von seinem Amt zurückgetreten. Auch aus dem Verein ist er ausgetreten. Auch Jutta Schnell hat sich verabschiedet, ist nur noch im Herzen Löwin. Sie soll laut dem Fanblog über Jahrzehnte bei der Fanarbeit gravierende Unterschiede gemacht haben. Kurzum: Sie soll nicht im Interesse von 1860 gearbeitet haben. Vorwürfe, die vermutlich nur schwer zu belegen und teilweise auch abenteuerlich sind.
db24 weiß: Insbesondere Jutta Schnell hat nachwievor ein gutes Standing in vielen Fanclubs außerhalb von München. Allein ihre Netzwerkarbeit war Gold für 1860 wert. So schauten auf ihre Initiative immer wieder Persönlichkeiten bei den Löwen vorbei. Der prominenteste Gast war beim legendären Kiel-Triumph der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer, der hinterher begeistert von der gigantischen 1860-Stimmung in der Allianz Arena sprach.
Zurück zur angeblichen ARGE-Enthüllung: Zu Teil 3 veröffentlichten die Fan-Blogger zuletzt auf ihrer Webseite einen Text mit einem bewusst ausgewählten Foto aus der Westkurve. Darauf ist der Blickfang ein Plakat mit der Botschaft: “Power, Kern und Schnell sind nicht mehr ganz hell.” Was auf der einen Seite kritisiert wird, ist auf der anderen Seite anscheinend recht. Beleidigungen gegen Löwen, die durchaus ihre Verdienste rund um den TSV 1860 haben: Anthony Power ist der Mann von Hasan Ismaik in München-Giesing - und Andy Kern und Gerhard Schnell für die Löwen, vor allem zu besseren Zeiten. Sind solche Bild-Botschaften der gute (neue) Umgang in Giesing? Mittlerweile wurde das Foto ausgetauscht.
Amüsant: Die Betreiber der Seite rechtfertigten sich mit ihrem Account “Sechzger.de” gegenüber dem User “Phil Osoph” für ihre ARGE-Serie im Facebook-Kommentarbereich so: “Dieses Thema betrifft jeden Fan des TSV 1860. Es sind nicht nur mutmaßlich Mitgliedsbeiträge verschwunden (muss noch geklärt werden), sondern auch gezielt Angestellte diskreditiert und die Entscheidung zum Umzug in eine Arena im Münchner Norden wurde getroffen. Ein Thema, das uns mit den entstandenen Schulden bis heute (und noch viele Jahre) beschäftigen wird.”
Die ARGE das Zünglein an der Waage beim Arena-Bau? Man lernt nie aus bei 1860…
Die Familie Schnell und der Rest der ARGE werden in sich gehen müssen, wie sie mit diesen Vorwürfen umgehen.