VON OLIVER GRISS, SVEN SIMON (IMAGO) UND ULI WAGNER (FOTO)

Als der TSV 1860 im Sommer 2017 einen historischen Zwangsabstieg hinlegte, sagte Robert Reisinger sinngemäß: “Mich hätte es als 1860-Präsident in der Allianz Arena nicht gegeben.” Die Bayern, so erzählen es heute einige Involvierte, wären gesprächsbereit gewesen, die Löwen für eine akzeptable Miete im WM-Tempel weiter spielen zu lassen. Laut Ex-Präsident Peter Cassalette war sogar ein Termin mit den Roten angedacht, um über Details zu sprechen. Aber 1860 ging einen anderen Weg, zog zurück ins Städtische Stadion an der Grünwalder Straße. Interims-Geschäftsführer Markus Fauser verhandelte den unklugen Deal mit der Stadt München (inklusive MMV-Kosten in Höhe von rund 500.000 Euro) und die “Auszugskosten” aus der Arena aus. Für die Regionalliga war das Grünwalder zwar ganz nett und emotional wichtig, aber im Profifußball stößt 1860 - ach Wunder - wieder an seine Grenzen.

War die Flucht von der Allianz Arena ins altehrwürdige Grünwalder Stadion nicht wohl überlegt?

Seit Jahren glauben die Löwen, dass sie im Giesinger Kulttempel zu viel Miete bezahlen. Der Drittligist muss 8,5 Prozent von den Zuschauer-Einnahmen abgeben. Plus Zuschläge für Flutlicht und weitere Betriebskosten. Am Catering partizipiert 1860 nullkommanull, Premiumpartner Hacker-Pschorr hat einen Langzeitvertrag mit der Stadt.

Wohlgemerkt, die Sechzger haben die Verträge nach dem Abstieg in die Regionalliga 2017 selbst unterzeichnet. Und dass das Grünwalder ein Sanierungsfall ist und auf eine gewisse Zuschauerzahl limitiert ist, das wusste man vorher. Die Spielstätte war vor Jahren eigentlich nur für die Nachwuchsteams des FC Bayern und 1860 vorgesehen. Dafür ist das Stadion nach dem Schrumpf-Umbau vor zehn Jahren ursprünglich vorgesehen.

74445.jpg

Die “SZ” hat sich nun dem Stadion-Thema gewidmet - mit der Headline: “Bruchbude für Besserverdiener.”

In diesem Text sagt Finanz-Geschäftsführer Marc Pfeifer u.a. gegenüber der “SZ”: “Gerade in der Dritten Liga sind die Erlöse aus dem Spielbetrieb und dem Sponsoring bedeutend. Aufgrund ertragsmindernder und aufwandsverursachender marktunüblicher Effekte erlangen andere Mannschaften in der Liga einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil.” Heißt: Die Löwen halten die Miete fürs Grünwalder zu hoch, um in der Dritten Liga finanziell “mitstinken” zu können.

74441.jpg

Muss eine Herkulesaufgabe lösen: Marc Pfeifer.

Was wird aus dem geplanten Umbau? Im Rathaus spricht man längst von einer Investition von 60 bis 70 Millionen Euro (db24 berichtete vor Monaten) - und mehr als 18.105 Besucher werden es nie mehr werden. Die Miete soll, würde das Projekt umgesetzt werden, nach oben schnellen. Und genau daran stößt sich wiederum Pfeifer. Deswegen kommt man keinen Schritt voran. Bei der Stadt München soll man sich über den TSV 1860 nach db24-Informationen durchaus wundern…

74443.jpg

Oliver Griss beim Selbstversuch auf der Haupttribüne des Grünwalder Stadions.

Auch ein Kritikpunkt: Das Grünwalder Stadion, das zu Bundesliga-Zeiten in den 60er Jahren Platz für über 40.000 Fans bot, wurde in den letzten Monaten weiter verbaut. Neben der TV-Plattform in der Westkurve hat sich die Sicht von der Haupttribüne aus weiter verschlechtert. Es stören nicht nur die Stahlpfosten, sondern seit einigen Monaten auch der Übersteigschutz. Besonders die VIP-Kunden in der ersten Reihe haben keinen idealen Blick aufs Spielfeld (siehe db24-Foto). Laut “SZ” können 60 Sitzplätze nicht mehr verkauft werden, was mit einem Umsatzrückgang von rund 100.000 Euro pro Saison verbunden ist. Und das mit der fehlenden Strom-Power auf Giesings Höhen ist noch eine ganz andere Geschichte.

74444.jpg

Schlechte Sicht in der 1. Reihe der Haupttribüne.