OB Reiter kontra 1860: "Grünwalder Stadion? Uns den schwarzen Peter zuzuschieben, ist einigermaßen dreist"
- VON OLIVER GRISS, IMAGO UND ULI WAGNER (Foto)
- 08.11.2021 15:18
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VON OLIVER GRISS, IMAGO UND ULI WAGNER (FOTO)
Wenn Dieter Reiter gewusst hätte, welches Schauspiel aus dem Umzug des TSV 1860 zurück ins altehrwürdige Grünwalder Stadion entstehen würde, hätte das Münchner Stadtoberhaupt dem Standortwechsel im Sommer 2017 vermutlich nicht zugestimmt. Gegenüber “münchen.tv” bezog der SPD-Politiker jetzt deutlich Stellung zur Grünwalder-Posse. Dabei sprach Reiter über:
den Status der Umbau-Pläne: “Ich will auch endlich Klarheit zum Grünwalder Stadion. Ich kann jetzt mal sagen: Derzeit ist die Beschlußvorlage für den Münchner Stadtrat, das Grünwalder Stadion zu renovieren und in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen, fertig. Sie konnte aber noch nicht eingebracht werden, weil man sich mit dem TSV 1860 nicht auf die Miete einigen konnte. Ich weiß nicht, was die Sechzger glauben, aber wir haben immer noch Vorschriften in der Gemeindeordnung, dass wir Miete dafür verlangen müssen.”
die Höhe der Baukosten und Miete: “Wenn wir ein Investment fürs Stadion haben, das bestenfalls 40, schlechtestenfalls 70 Millionen Euro kostet, wird sich die Miete zum jetzigen Zustand verändern. Und das versucht meine Verwaltung mit den Sechzgern abzuklären. Das ist aber nur ein kleiner Teil des Problems Grünwalder Stadion. Wir bauen das Stadion grundsätzlich für drei Vereine um, aber die Zuschauerzahl-Erhöhung, die gibt es tatsächlich nur für einen Verein - und das ist der TSV 1860. Und die beiden anderen Nutzervereine brauchen nichtmal 15.000 Zuschauer. Das ist auch gar nicht despektierlich gemeint. Diesen Umbau wollen nur die Sechzger.”
die Uneinigkeit bei 1860 in der Stadionfrage: “Ich als bekennender Bayern-Fan stimme da gerne zu, wenn irgendwann mal klar ist, was die Sechzger eigentlich wollen. Deswegen finde ich das mit dem Rumgeeiere super, denn ich bin knapp acht Jahre Oberbürgermeister und hatte vom ersten Jahr an ständig Besuch von Vertretern des TSV 1860 München. Das war die Investorenseite. Herr Ismaik wollte ein eigenes Stadion bauen, weil er gesagt hat: ‘Grünwalder Stadion - mit 15.000 Zuschauern ist das viel zu klein. Wir können da nicht spielen, wenn wir Erste Liga oder Champions League spielen.’ Dann gibt’s die Freunde des Grünwalder Stadions, die mir auch regelmässig schreiben: ‘Sechzig im Sechzger - Sechzig darf nur im Grünwalder Stadion spielen.’ Und dann gibt’s noch einen zweiten Teil innerhalb des Vereins, der sagt: ‘Das ist doch nicht zukunftsfähig. Wir brauchen 35.000 bis 40.000 Zuschauer, damit wir durch die Einnahmen sportlich auch nach vorne kommen.’ Das ist eine weitere Hälfte, so dass ich drei Anforderungsprofile an die Stadt erkenne, was wir tun sollen - und das ist jetzt so seit sieben Jahren. Dem Herrn Ismaik haben wir dann ein Grundstück vermittelt, damit er sein Stadion hinbauen kann. Dann habe ich nichts mehr gehört. Das ist Jahre her. Das Thema neues Stadion ist in der Versenkung verschwunden. Dann waren diejenigen sehr laut, die gesagt haben, man müsse das Sechzger Stadion ausbauen. Dann haben wir alles vorbereitet, alles besprochen und sind jetzt in Schlußabstimmung wegen der Miete. Das muss halt auch sein. Ich sehe aber jetzt schon, dass mich weiterhin andere Stimmen erreichen: ‘Was soll das denn? Ihr braucht doch kein Geld in das Grünwalder Stadion stecken.’ Das kann man in den Online-Nachrichten überall nachlesen, die der TSV 1860 selber rausgibt. Wenn man mal Spaß hat, ich habe meistens wenig Spaß: Die Lobarien, die auf mich verkündet werden, sind nur mittelmässig begeisternd. Aber dann gibt’s die Gleichen, die sagen: ‘Das macht doch keinen Sinn: Ihr müsst ins Olympiastadion gehen. Da haben wir 60.000 Plätze und da könnten wir zukunftsfähig Geld verdienen, wenn wir mal aufsteigen.’ Für mich ist das wichtig, weil wir gerade auf der anderen Seite überlegen, in das Olympiastadion einen knapp dreistelligen Millionen-Betrag zu investieren, um das zukunftsfähig zu gestalten. Da würde es schon eine Rolle spielen, ob da mittelfristig ein Sportverein drin spielt oder wir da nur Konzerte abhalten. Ich hätte halt mal gerne eine klare Aussage des TSV 1860. DEN TSV 1860 in der Stadionfrage gibt es dummerweise nicht. Ich habe immer gesagt: Wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht, tue ich mir schwer, dem zuzustimmen. Ich habe mich durchgerungen, es trotzdem zu tun. Aber uns den schwarzen Peter zuzuschieben, ist einigermaßen dreist…Das muss man ganz deutlich sagen.”
die Stadion-Alternative im Falle des Grünwalder-Umbaus: “Und dann sollten sich die Löwen überlegen: Wenn wir das Stadion umbauen, dauert das zwei Jahre, hab ich gehört. Wo wollen sie dann Fußball spielen? Denn wenn ich das nicht abfrage, kommt spätestens am ersten Tag des Umbaus die Frage, von denen, die nur ins Grünwalder Stadion gehen: ‘Ja, ihr Gemeinen. Wo sollen die Sechzger denn jetzt spielen? Wieso habt ihr ihnen kein Stadion gegeben?’ Auch die Antwort hätte ich gerne, bevor wir entscheiden, wann und wielange wir das Sechzger Stadion umbauen. Es gibt jede Menge offener Fragen - allerdings nicht bei der Stadt.”
Das komplette TV-Interview mit OB Reiter im Stadtgespräch von münchen.tv ab der Minute 19.55 - klick Dich rein!
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