VON OLIVER GRISS UND SVEN SIMON (IMAGO)

Daniel Bierofka ist heute noch ein Idol bei 1860: Das liegt auch daran, dass er mit den Löwen eine erfolgreiche Zeit erlebte, bei den Blauen Nationalspieler wurde und später auch zum erfolgreichen Trainer aufgestiegen ist. Er führte den Klub nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga Bayern sofort zurück in den Profifußball. Heute blickt der 42-Jährige stolz auf seine Zeit zurück. “Verantwortung zu übernehmen heißt, nicht auf die anderen warten, sondern selbstständig aktiv zu werden. Der Druck, der auf uns, und damit meine ich jeden Angestellten im Verein, in der Saison 2017/2018 lastete, war unmenschlich. Wir wussten, wir dürfen nirgendwo einen Fehler machen, sonst ist der Verein schneller weg, als wir gucken können”, erklärte der Kult-Löwe gegenüber transfermarkt.de: “Während alle nach dem Aufstieg gefeiert haben, herrschte in mir eine innere Leere. Über fast ein Jahr mit einem permanenten Existenzdruck leben zu müssen, das schlaucht immens. Eine Sache ist aber auch klar: ohne die Fans und deren bedingungslose Begeisterung und Überstützung hätten wir diesen Weg nie geschafft.”

Dass die Löwen überhaupt von der Bundesliga bis in den Amateurfußball abstürzten, erklärt Bierofka so: “Es war ein schleichender Prozess. Alles hat angefangen mit dem Abstieg aus der Bundesliga und den horrenden Verträgen für die Allianz-Arena. Fluch und Segen zugleich war die Fanbase und die Medienlandschaft, die der Verein mit sich bringt. Es wurden unrealistische Saisonziele ausgeben, teilweise wurde ein künstlicher Druck erzeugt, der dafür sorgte, dass der Verein im Inneren nie wirklich zur Ruhe kommen konnte.”

Von seinem Ex-Trainer Werner Lorant schwärmt Bierofka noch heute: “Er konnte ein netter, authentischer Trainer sein, aber genauso gut einer, über den man geflucht und abgekotzt hat. Als wir im Derby gegen die Bayern verloren hatten, ließ er uns im Sonntagstraining mit den Worten loslaufen: ‚Männer, ihr lauft solange, bis ich wieder pfeife.‘ Nach 60 oder 70 Minuten hat er dann wieder gepfiffen. Seine Begründung für die Laufeinheit: Wir sollten die Kilometer nachholen, die wir im Bayernspiel zu wenig gelaufen wären. Er hat uns viel beigebracht, Willensschulung und das Verschieben von körperlichen Grenzen war ihm sehr wichtig. Ich glaube, meinen starken Charakter und Durchsetzungsfähigkeit habe ich teilweise auch ihm zu verdanken.”

Eine Begegnung mit Lorant war für Bierofka unvergessen: “Noch zu Beginn meiner Karriere musste ich einmal alleine Fahrstuhl mit ihm fahren. Es waren vielleicht nur vier oder fünf Stockwerke, aber er hat so eine starke Autorität versprüht, ich habe mich nicht getraut, nach oben zu gucken oder geschweige denn ihm in die Augen zu schauen.”

Lorant war es auch, der Bierofka seine größten Spiele für 1860 verschaffte - die Champions League-Quali-Partien gegen Leeds. „Ich war überrascht, dass ich gegen Leeds sofort ran durfte, eigentlich wurde ich als Perspektivspieler verpflichtet. Ich war schon ein wenig nervös, da war ich im Nachhinein froh, dass ich ein halbwegs gutes Spiel abgeliefert hatte. Heute blicke ich mit gemischten Gefühlen auf diese Partie zurück. Auf der einen Seite empfinde ich unglaublichen Stolz, damals für 1860 in der Champions-League-Qualifikation aufgelaufen zu sein und auf der anderen Seite tut es mir extrem leid, besonders für die Fans, dass der Klub heute nur noch in der dritten Liga spielt.”