Neudecker? Nur die halbe Wahrheit
- VON OLIVER GRISS
- 05.06.2022 19:15
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VON OLIVER GRISS
Die Abschiedsworte von Richard Neudecker wirkten etwas deplatziert. “Umso schmerzhafter ist es”, schrieb der sympathische Mittelfeldspieler in seinem Instagram-Post am Freitag, “euch mitteilen zu müssen, dass der Verein sich am Ende für einen Umbruch im Team ohne meine Person entschieden hat.” Eine deutliche Spitze gegen die Sechzger. Aussagen, die nach seinem Transfer zum Drittliga-Rivalen 1. FC Saarbrücken auch bei vielen Löwen-Fans nicht gut angekommen sind. Da dürfte ein bisschen was kaputt gegangen sein.
Denn was Neudecker von sich gegeben hat, ist nur die halbe Wahrheit: Der TSV 1860 hatte dem Ball-Virtuosen vor Monaten im Zuge der neuen Gehaltspolitik ein für Drittliga-Verhältnisse immer noch äußerst akzeptables Angebot unterbreitet. Dieses hatte auch lange Zeit Bestand, doch es war freilich auch seinen wechselhaften Leistungen in den letzten zwei Jahren angepasst. Zurecht, denn viel zu selten hat der hochbegabte Neudecker den Unterschied in den letzten beiden Spielzeiten ausgemacht.
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Neudecker wurde im Sommer 2020 unter dem Applaus der Anhänger als Unterschiedsspieler aus Hollands Eliteliga verpflichtet - und so auch entlohnt. Die Löwen gingen deutlich über ihre eigene finanzielle Schmerzgrenze. Überwiesen dem Rückkehrer ein Zweitliga-Gehalt. Nie zuvor hatte ein Spieler bei 1860 in der Dritten Liga mehr verdient. Es gibt durchaus Parallelen zum Rückhol-Geschäft von Stefan Aigner 2016. Die Erwartungen konnten in beiden Fällen leider nicht erfüllt werden.
Machen wir es kurz: Die sportliche Kommandobrücke der Löwen hat im Fall Neudecker alles richtig gemacht. Der kleine Altöttinger wollte pokern - und hat sich verzockt. Die Löwen haben für Neudecker Martin Kobylanski von Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig verpflichtet und das Angebot an die Nummer 31 zurückgezogen. Der Routinier mit Bundesliga-Minuten in seiner Vita soll die Offensive mit seiner Technik am Fuß versorgen - und selbst das ein oder andere Tor beisteuern.
Und vielleicht ist für Neudeckers persönlichen Reifeprozess mit dem “Tapetenwechsel” von Giesing ins Saarland auch ganz gut, dass er nun selbst sieht, dass er auch in Saarbrücken für weniger Geld performen muss. Fußball ist und bleibt ein Liefergeschäft.
Nix für ungut, Richy! Servus!