VON MARCO BLANCO UCLES UND IMAGO (FOTO)

“Das Münchner Fußball-Fest” - unter diesem Motto richtete Türkgücü München am vergangenen Dienstag das Totopokal-Achtelfinale gegen den TSV 1860 aus. Einzig: Einige Sechzig-Anhänger präsentierten sich beim souveränen Einzug in die nächste Runde auf Giesings Höhen nicht wirklich als freundliche Gäste.

Dass Teile der Löwen-Fans das Stadtderby boykottierten und 1860 dadurch Geld durch die Lappen ging? Ihre Sache. Dass einige Sechzig-Supporter nach der Partie das Türkgücü-Schild von der altehrwürdigen Anzeigetafel mitgehen ließen und dieses erst von Mitarbeitern der Löwen zurückgeholt wurde? Für die einen Diebstahl, für die anderen lustige Derby-Anekdote. Dass aber laut mehreren Twitter-User der dunkelhäutige und souverän leitende Schiedsrichter der Partie, Assad Nouhoum, sowie Spieler von Türkgücü München mehrfach rassistisch beleidigt worden sein sollen, ist ein No-Go und sollte der Vereinsspitze der Löwen zu denken geben.

Emotionen gehören zum Fußball - zweifelsohne. Genauso ist aber klar, dass Diskriminierungen jeglicher Art nicht tolerierbar sind. Nicht in einem Fußballstadion, nicht im Alltag - nirgends auf der Welt. Glaubt man den Berichten mehrerer Twitter-Usern, hatten das am Dienstagabend gleich mehrere Löwenfans vergessen. Geschmackloses aus der Kurve.

So schrieb beispielsweise “Captain-Caorle”: “Vollgas angesoffene Typen, die es besonders lustig fanden, den dunkelhäutigen Schiedsrichter bei jeder Entscheidung als “schwarze Sau” zu bezeichnen. Zudem wurde “du Schwuchtel/du schwule Sau” nahezu im Minutentakt als “Beleidigung” verwendet.” “TSV 1860 M #ELIL” schrieb: “Ich war in der Stehhalle und da haben auch ein paar Arschlöcher das N-Wort benutzt. “Heid pfeift a …..!” usw. Lauter besoffene Bauerndimpfl, die ihren rassistischen Dreck loswerden mussten. Auch gegen die “Türken”! Echt unglaublich.” Mehrere User reagierten auf den Tweet. “1860Lion” antwortete darauf: “Oh ja… Da wollten sich kurz vor Ende des Spiels auch noch welche deswegen prügeln, nennen wir es mal “unterhaltsam”.”

Auf db24-Nachfrage äußerte sich der TSV 1860 wie folgt zu den Geschehnissen: “Diese Vorfälle im Rahmen des Spiels bei Türkgücü München waren uns bislang nicht bekannt. Um auch von Vereinsseite bestmöglich agieren zu können, bitten wir stets unsere Fans, derartige Vorkommnisse umgehend beim Ordnungsdienst oder bei unseren Fanbeauftragten zu melden. Nur dann können wir schnell und entschlossen vorgehen. Rassismus und Diskriminierung hatten und haben in unserer Gesellschaft und natürlich auch im Stadion nichts verloren, dafür steht der TSV 1860 München mit vielen Aktionen und klaren Botschaften. Natürlich nehmen wir die Hinweise zum Anlass, um uns mit den zuständigen Verantwortlichen und Behörden erneut intensiv auszutauschen und zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung / Verhinderung bei kommenden Spielen festzulegen.”

Bei der Polizei und beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) gingen keine Anzeigen aufgrund der Vorfälle ein. Auch wenn rechtlich gesehen keinerlei Konsequenzen gezogen werden können: Ein mehr als fader Beigeschmack bleibt hängen. Für die Außendarstellung des TSV 1860 alles andere als vorteilhaft.

Türkgücü blendet den Kurven-Pöbel aus. Der Klub hat seit dem verlorenen Derby viele Zuschriften bekommen - rein positiver Art. Einer schrieb: “Vielen Dank für die Gastfreundschaft von euch für uns Löwen im Grünwalder. Stand euch davor aufgrund der vergangenen Saison sehr kritisch gegenüber. Aber durch das Spiel seid ihr mir und vielen anderen sehr viel sympathischer geworden.” Türkgücü hat alle Löwen-Fans, die sich schriftlich gemeldet haben, zum Regionalliga-Derby gegen Haching kostenlos eingeladen. Haupttribüne versteht sich.