VON OLIVER GRISS

In unserem Berufsfeld lernt man ja immer wieder Dinge kennen, die man in dieser Form zuvor noch nie erlebt hat - und das heißt nach meinen 33 Jahren als Löwen-Reporter dann doch etwas. Was sich aber am vergangenen Samstag bei der 1:4-Pleite in Elversberg an der Seitenlinie abgespielt hat, habe ich in dieser Form auch noch nie erlebt: Ein älterer Mann (mit kleinem Fotoapparat in der Hand) sucht in der Coachingzone die Konfrontation mit Löwen-Trainer Michael Köllner - und das wohlgemerkt während der regulären Spielzeit. Anstatt bei seinem Spaziergang im Innenraum flott den exklusiven Bereich wieder zu verlassen, baut sich Mister X vor der 1860-Bank auf. Und provoziert! Zu diesem Zeitpunkt wussten die Löwen übrigens nicht, wer ihnen gegenüber steht - auch weil sich der feine Herr zum einen nicht vorgestellt hat, zum anderen sich aber ohne Akkreditierung im Innenraum frei bewegen durfte.

Und genau diese Tatsache muss hinterfragt werden: In diesen neuen teilweise merkwürdigen Fußball-Zeiten, in denen man sich als Reporter - überspitzt forumuliert - fast beim Toilettengang ausweisen muss und jede Sicherheitskraft mit Stopsel im Ohr wichtiger ist als die andere, können sich andere wiederum ohne Akkreditierung um den Hals im Innenraum frei bewegen? Absurd! Wie kann das überhaupt sein?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe noch die Zeiten erlebt, als man Löwen-Spiele in der Zweiten Liga als Reporter ein paar Meter neben Kult-Trainer Werner Lorant im Grünwalder Stadion auf einer Holzbank sitzen konnte, weil es früher noch weniger Presseplätze als heute auf Giesings Höhen gab. Oder man konnte im Olympiastadion bis kurz vor dem Anpfiff im Innenraum mit den wichtigen Menschen des Klubs reden. Und das war alles wesentlich angenehmer als heute - der ganze Verein und die Adabeis waren eine Familie. Heuzutuage ist das bei 1860 alles wesentlich schärfer: Da werden dann schon mal aktuelle Funktionäre im Stadion oder auf anderen Fußballplätzen vom eigenen Sicherheitspersonal abgewiesen. Aber das ist jetzt ein anderes Thema.

Aber zurück zum Elversberger Fall: Dass es sich bei Mister X um einen Sicherheitsbeauftragten des DFB handelt, ist vom Verband gegenüber db24 bestätigt worden. Dass dieser aber einen Sonderbericht verfasst hat und daraus eine unangenehme Geschichte für Michael Köllner werden könnte, schlägt dem Faß den Boden aus. Natürlich, Michael Köllner ist kein Waisenknabe. Er kämpft im Lorant-Style für die Interessen von 1860. Und freilich, er hätte sich das Schubsen sparen können, aber dass ein DFB-Funktionär kurz nach dem aberkannten Boyamba-Treffer nicht das Feingefühl besitzt, eine Konfrontation zu vermeiden, lässt tief blicken.