VON OLIVER GRISS

Günther Gorenzel war es selbst, der in seiner letzten Pressekonferenz auf Giesinger Boden von der Innen- und Außenwahrnehmung gesprochen hat, als es darum ging, wie man grundsätzlich die Spieler des TSV 1860 bewertet. Nach dem 1:2 in Meppen kann es keine zwei Meinungen geben: 1860 befindet sich im Sturzflug! Und viele Fans stellen sich nicht die Frage nach Balance und Nuancen, sondern: Ist dem Österreicher überhaupt bewusst, was er als sportlicher Kopf des TSV 1860 an der Grünwalder Straße gerade anrichtet? Er hat Michael Köllner gefeuert, ohne einen Nachfolger zu haben und spielt seitdem selbst Löwen-Trainer. Mehr schlecht als recht. Seine Bilanz: Zwei Spiele, kein Sieg - und jeweils erbärmliche Leistungen. Ob das mit Köllner schlechter gelaufen wäre? Wollte Gorenzel angesichts des vermeintlich leichten Programms (u.a. Oldenburg, Meppen, Verl und Halle) selbst zum Großmeister bei 1860 aufsteigen?

17 (!) Millionen Euro haben die Löwen in den letzten drei Jahren in ihren Kader investiert und verschleudert - und es deutet viel darauf hin, dass auch nach dieser Spielzeit nicht der lang ersehnte Aufstieg in die Zweite Liga steht. Zumindest hat Präsident Robert Reisinger den Aufstiegskampf - warum auch immer - für beendet erklärt. Kopfschütteln allerorts und Frustration. Auch Geburtstags-Löwe Thomas Miller (wird heute 60) kann diese Kapitulation nicht nachvollziehen. db24 weiß: Die Mannschaft will, ihr fehlt aber ein klarer Plan und vor allem ein Motivator an der Seitenlinie. Warum sehen die Bosse das nicht - oder wollen sie es nicht sehen?

Der Aufstieg rückt in weite Ferne: Muss 1860 komplett neu aufgestellt werden?

Umfrage endete am 26.02.2023 08:00 Uhr
Ja!
77% (7187)
Nein!
13% (1218)
Mir ist das egal: Hauptsache, wir bleiben im Grünwalder Stadion!
10% (913)

Teilnehmer: 9318

Was aber noch viel schlimmer ist in Giesing - und das ist maximal unprofessionell und besorgniserregend: Heute vor zwei Wochen saß Michael Köllner beim 1:2 gegen Dresden zum letzten Mal auf der Trainerbank des TSV 1860. Kurz danach wurde er entlassen - und das gänzlich ohne Rücksprache mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Das ist die maximale Konfrontation, die mit nichts zu entschuldigen ist. Ein Vorgang, der zeigt, wie die Löwen wirklich ticken und dass sie in all den Jahren nicht wirklich dazu gelernt haben. Wer stellt sein eigenes Ego über 1860? War Gorenzel sauer, dass er bei Ismaik im “Mandarin Oriental” antanzen und dort deutliche Worte schlucken musste? Köllner hatte dem Verein über Jahre wichtige Stabilität verliehen. Jetzt aber gibt der Löwe wieder eine bemitleidenswerte Figur ab.

Maximal amateurhaft ist aber auch, dass die Löwen weiterhin wertvolle Zeit verstreichen lassen, in der der neue Trainer die Mannschaft kennenlernen könnte. Frühestens am Donnerstag soll bei der Aufsichtsratssitzung über den Köllner-Nachfolger entschieden werden, was auch wiederum heißt: Gegen Verl (Sonntag) verzichtet 1860 aller Voraussicht nach freiwillig auf einen neuen Trainer-Impuls - und verspielt selbstverschuldet den letzten Strohhalm. Und das ist beiden Gesellschafterseiten zuzuschreiben - ohne Wenn und Aber.

Wer wacht nun als Erster auf, um zu realisieren, dass man auf dem falschen Weg ist? Erinnerungen an 2017 werden wach.

Oliver Griss (51) schreibt seit 1989 über die Löwen - und hat in dieser Zeit den Aufschwung mit Karl-Heinz Wildmoser und Werner Lorant miterlebt, aber auch den tiefen Fall nach dem Bundesliga-Abstieg 2004.