VON OLIVER GRISS

Robert Reisinger, der Dauerpräsident des TSV 1860, hat in den letzten Jahren immer wieder vom Aufstieg gesprochen und damit den Mund der leidensfähigen Fans wässrig gemacht. Im Oktober 2021 zum Beispiel sagte er auf der Mitgliederversammlung: “Wir alle wollen in die Zweite Liga. Mit euch Fans im Rücken werden wir das auch schaffen - mit wirtschaftlichem Handeln, mit einem durchdachten sportlichen Konzept und der erforderlichen Geduld der Gesellschafter, aber auch von euch Fans. Aktionismus wird es unter dem Präsidium Reisinger nicht geben!” Und weiter: “Es gibt da ein Zitat von Albert Einstein: ‘Wer immer wieder dasselbe macht und auf verschiedene Ergebnisse hofft, ist dem Wahnsinn nahe.’ Wir sind zwar ein wahnsinnig toller Verein, aber wir sind nicht wahnsinnig.”

Was Reisinger damit sagen wollte: Es wird nicht mehr Geld ausgegeben, als man einnimmt - genau daran hat sich Geschäftsführer Marc Pfeifer zentimetergenau gehalten. Als die alte Saison verabschiedet war, hatte der TSV 1860 nur ein Sport-Budget von 4,5 Millionen Euro zur Verfügung, was auch an den erhöhten Stadion-Kosten fürs Grünwalder liegt. Erst als einige Spieler von der Gehaltsliste gestrichen werden konnten und auch der Dauerkarten-Verkauf in ähnliche Höhen wie im Vorjahr schnellte, legten die Löwen mit einer Million Euro nochmal nach. Das Problem: Zu diesem Zeitpunkt waren die besten Geschäfte schon erledigt, aber eben nicht im positiven Sinne für die Löwen. Und über Tarif will der TSV 1860 nicht mehr bezahlen für Drittliga-Profis. Die Zeiten, als der Klub für Spieler in der Dritten Liga bis zu 24.000 Euro im Monat hinlegte und trotzdem seine Ziele verpasste, sind vorbei.

Die Frage ist nur: Wo führt der Weg mit dieser Vereinspolitik in der Dauerschleife Dritte Liga (nur Halle ist länger als 1860 Bestandteil dieser Spielklasse) hin? Noch immer gibt es kein sauberes Miteinander zwischen Präsident Reisinger und Mehrheitsgesellschafter Ismaik. Ergo: Es gibt kein gemeinsames Konzept für einen weiteren Angriff in Richtung Zweite Liga. Die Idee, Horst Heldt zu verpflichten, war zwar ganz nett, doch bevor große Namen verpflichtet werden, sollte man erstmal miteinander sprechen und eine Strategie für die Zukunft auflegen. Und vor allem braucht man für große Namen Geld - und das widerspricht sich mit dem aktuellen Kurs.

Die Fans sollten sich darauf einstellen, dass weiter mit ihren Gefühlen gespielt wird und das Anspruchsdenken beim Altmeister von 1966 immer kleiner wird. Anders ist es nicht zu interpretieren, dass beide Gesellschafter-Seiten mittlerweile auch davon absehen, großspurige Ziele auszurufen, und sich in ihrer Kommunikation zurückhalten. Damit hat der Klub zumindest eines geschafft: Die Erwartungshaltung war noch nie so klein wie vor dieser Saison. Vielleicht ist das genau die Chance.