VON OLIVER GRISS

Robert Reisinger, der erfolgreiche Unternehmensberater, hatte vor zwei Tagen gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" auch diese zwei Sätze gesagt: "Der Vorwurf, ich würde Namen in die Öffentlichkeit bringen, entbehrt nicht gerade einer gewissen Ironie. Bekannterweise wurde auch Herr Hitzlsperger mal wieder zuerst bei einem investoren-nahen Blog diskutiert." Damit konterte der Ober-Löwe den Vorwurf von Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris, der sich darüber beschwert hatte, dass sich Reisinger via Öffentlichkeit mit großen Namen schmücken wolle.

Doch der Reihe nach: Die Erstmeldung über ein 1860-Interesse an dem früheren Nationalspieler Thomas Hitzlsperger war am 22. Juni um 13.15 Uhr in der “Münchner Abendzeitung” zu lesen, und nicht in einem “investoren-nahen Blog” - und das ist dank der Google-Suchleiste auch belegbar. Nachweisbar ist auch, dass Reisinger in seiner Periode als Ober-Löwe immer wieder bewusst über einen Blog spricht und das nicht nur auf öffentlicher Ebene, sondern auch in diversen uns vorliegenden Chat-Protokollen und Mails mit Fans.

Sollte Reisinger in diesem neuesten Fall möglicherweise wieder db24 meinen, fühlen wir uns selbstverständlich geehrt, auch wenn wir uns selbst nicht als Blog sehen. Dieses immer wiederkehrende Stilmittel, ständig über ein bestimmtes Nachrichten-Portal im Löwen-Kosmos zu sprechen, könnte auch als Ablenkung von eigenen Fehlern gesehen werden. Und Reisinger Fehlerliste ist bekannterweise nicht kurz. Wir sind nicht investoren-nah, sondern haben eine besondere Affinität zum Profifußball auf gehobener Ebene. Und das konnte Reisinger in seinen sechs Jahren als Präsident nicht bieten - und die Aussicht mit Reisinger irgendwann an die erfolgreichen Wildmoser-Zeiten anzuknüpfen, tendiert gegen Null, denn Reisinger ist der Anti-Wildmoser.

Zurück zu Reisingers Behauptungen: Bislang konnte der 59-Jährige keinerlei Beweise erbringen, dass die HAM-Seite, Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris und Geschäftsführer Marc Pfeifer gemeinsam die Sportdirektoren-Suche “gezielt verschleppt” hätten - das ist eine Unterstellung, die einen gewissen Kreis an Funktionären in ein schlechtes Licht rücken soll. Genauso wenig kann Reisinger Belege liefern, dass Hitzlsperger zuerst in einem Löwen-Blog diskutiert worden ist. Wo sind die Beweise, Herr Reisinger? Es geht um Glaubwürdigkeit!

Richtig ist aber, dass ich ein großer Fan von Thomas Hitzlsperger bin. Ich kenne ihn aus meiner Zeit als DFB-Reporter bei der “Münchner Abendzeitung” (u.a. Sommermärchen 2006) - schon damals überzeugte mich Hitzlsperger mit seinem Blick über den Tellerrand hinaus, die Interviews mit ihm waren spannend. Zudem ist Hitzlsperger empathisch, charismatisch, unaufgeregt, clever, rhetorisch überdurchschnittlich - und sein Telefonbuch dürfte aufgrund seiner Vergangenheit auch nicht so klein sein. Zudem kann sich der gebürtige Münchner, der aus einer Löwen-Familie stammt, die Aufgabe bei 1860 gut vorstellen. Das sind Faktoren, die für einen Hitzlsperger-Einstieg bei den Löwen sprechen.

Marcel Schäfer gilt aber als mein absoluter Wunschkandidat. Herr Reisinger, bitte nicht dann irgendwann gegen einen Blog verwenden! Der frühere Nationalspieler ist aktuell Geschäftsführer beim VfL Wolfsburg. Momentsn ist eine Rückholaktion unrealistisch. Aber Schäfers Zeit bei 1860 wird irgendwann kommen, zumindest wenn es die Löwen beizeiten schaffen, in die Zweite Liga aufzusteigen und alle alles dafür tun, dass dies auch realisiert werden kann.

Bevor die Löwen jedoch ernsthaft über große Namen diskutieren, sollte zunächst das Gesamtkonzept stehen - zwischen beiden Gesellschaftern. Ein Miteinander gibt es aber bis heute nicht, zumindest nicht mit Reisinger. Und so verliert 1860 weiter wertvolle Zeit. Laut Stimoniaris stehe der Präsident - anders als die Vizes Hans Sitzberger und Heinz Schmidt - sowieso für den “Weg des Gegeneinanders”. Der Verwaltungsrat, das Kontrollgremium des Präsidiums, muss jetzt aus der Deckung kommen und Lösungen finden - zum Wohle der Löwen. Je länger die e.V.-Kontrolleure schweigen, desto undurchsichtiger wird ihre Rolle an der Grünwalder Straße 114.