Kann Reisinger KGaA?
- VON OLIVER GRISS
- 19.09.2023 09:55
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VON OLIVER GRISS
Obwohl Robert Reisinger (59) eine äußerst schlechte Figur in der Öffentlichkeit abgibt ("Ich bin ein positiver Hooligan-Präsident") und das nicht nur wegen seiner Haltungsnoten im Audi Sportpark, nicht kritikfähig ist und es zudem nicht geschafft hat, in sechs Jahren mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik irgendein Verhältnis aufzubauen, wurde ihm vom 1860-Verwaltungsrat (u.a. mit Sascha Königsberg, Sebastian Seeböck und Nicolai Walch) wiederholt der Rücken gestärkt. Und jetzt kommt's: Der Ober-Löwe, der noch bis 2025 im Amt ist, soll sich künftig noch stärker um die KGaA kümmern, während seine beiden Vizes andere Aufgaben bekommen: Hans Sitzberger soll sich um die Sparten außerhalb des Profi-Fußballs kümmern und Steuerberater Heinz Schmidt um die Finanzen. Soll Sitzberger bewusst vom Profifußball abgezogen werden, in dem sein ganzes Herzblut steckt? Die nächsten Wochen könnten spannend werden. Diverse Sponsoren sollen nach db24-Informationen mit Argusaugen die Spannungen innerhalb des Klubs beobachten.Nachdem vorerst auf ein viertes Präsidiumsmitglied verzichtet wird, soll sich die dreiköpfige Riege neu erfinden. Interessant: Das, was Reisinger zuletzt der KGaA und damit dem alleinigen Geschäftsführer Marc Pfeifer vorgeworfen hat, dass die Zuständigkeitsbereiche nicht richtig verteilt seien, gilt offenbar nun auch für die e.V.-Rollenverteilung im Präsidium: Ein neues Konzept vom Verwaltungsrat vorgeschlagen, um Zeit zu gewinnen und sich an den eigenen Pöstchen zu erfreuen? Die Löwen haben ein ernsthaftes Strukturproblem, was einmal mehr die letzten sechs Jahre beweisen.
Die Frage ist nun: Versteht Reisinger überhaupt den Sinn und Zweck einer KGaA, die nachhaltig, erfolgsorientiert, perspektivisch und auch auf Profit aus arbeiten sollte? Bislang ist der erfolgreiche Unternehmensberater (Schwerpunkt Logistik) nicht damit aufgefallen, dass er das Aushängeschild des Klubs, den Profi-Fußball, voran bringt. Weder sportlich, gesellschaftlich noch infrastrukturell. Das nackte Ergebnis ist: Die Löwen sind auf dem Weg zum Drittliga-Dino. Und nein, Reisinger, der sich vor Jahren mal selbst als Geschäftsführer-Kandidat bei den Löwen ins Rennen brachte, kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen - er ist der oberste Repräsentant des TSV 1860.
Was es nicht zu verschweigen gilt: Immer wieder hatte der 59-Jährige Probleme mit beliebten 1860-Mitarbeitern: Ob mit Daniel Bierofka (“Er wollte den Tiger reiten”) oder Michael Köllner (“Reden ist Silber, Schweigen ist Gold”) - und nun hat Reisinger es offenbar auf Geschäftsführer Marc Pfeifer abgesehen, den er über einen Tipp eines Edel-Fans vor über drei Jahren selbst für die Löwen gewonnen hat. Bislang gibt es von Reisinger kein Signal, dass er mit der Arbeit von Pfeifer zufrieden ist. Im Gegenteil. Wird der im Februar abgemahnte Pfeifer zum nächsten Bauernopfer? Das Verhältnis zu seinem Geschäftsführer soll deutlich unterkühlt sein. Auch mit Saki Stimoniaris, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der KGaA, soll es große Differenzen geben. Reisinger gegen alle.
Heute beim offiziellen Wiesn-Besuch des Klubs im Hacker-Zelt “Himmel der Bayern” kann Reisinger eine Kostprobe abgeben und zeigen, ob er die Löwen repräsentieren kann. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er auf der Empore auf Yahya Ismaik und Münchens OB Dieter Reiter trifft. Und eigentlich gäbe es viel zu besprechen. Nutzt er aber auch die Gelegenheit?