VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Jan Mendelin war gestern an der Grünwalder Straße 114 und mischte sich an der Bande unter die Kiebitze, um seinen Klienten Tarsis Bonga (26) in der Trainingseinheit auf dem Einserplatz genauer zu beobachten. Das macht der gelernte Journalist immer mal wieder, auch um eine Grundlage für seine Gespräche zu haben. Bei dieser Gelegenheit konfrontierte db24 den Hamburger Spielerberater mit den Vorwürfen, die bei 1860 im Raum stehen, dass beim Giesinger Traditionsklub unsauber gearbeitet werden soll. Angeblich sollen Spieler sogar dazu gedrängt worden sein, den Agenten zu wechseln, um bei den Münchner Löwen zu landen. Bonga ist einer von 13 Neuzugängen in der Sommertransfer-Periode.

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Jan Mendelin

Mendelin, der Anfang der 2000er Jahre die Autobiografie des früheren Bundesliga-Stars Stefan Effenberg geschrieben hat, kann diese angeblichen Praktiken, wie er das gegenüber db24 glaubhaft versichert, nicht bestätigen. “1860 war super-seriös in den Verhandlungen, wie man es sich von einem Profi-Verein eben vorstellt - das war alles sehr angenehm”, erklärte Mendelin, der seit Dezember 2022 Bonga vertritt. Sein Verhandlungs- und Gesprächspartner war von Anfang bis Ende 1860-Geschäftsführer Marc Pfeifer - und natürlich war auch Trainer Maurizio Jacobacci mit involviert und das ist in der Szene nichts Außergewöhnliches, dass auch der Übungsleiter sich um den Spieler bemüht.

Mendelin hatte auch bereits den Transfer von Bonga vom VfL Bochum zu Eintracht Braunschweig abgewickelt - und zu keiner Zeit Störfeuer durch andere Berater oder 1860 erlebt.

Wir haben im Zuge unserer Recherchen stichproben-artig auch mit zwei weiteren Beratern, die allerdings nicht mit ihrem Namen genannt werden wollen, gesprochen. Beide Agenten kennt db24 seit mehr als 20 Jahren - und nimmt sie als seriöse, kompetente und vor allem fußball-affine Geschäftsleute wahr. Wir nennen den Agenten Peter Kraus (Name geändert), der in den letzten Jahren verschiedene Spieler bei 1860 hat oder hatte. Er bestätigt: “Bei den Löwen läuft das alles sauber. Mein Gesprächspartner in den letzten Jahren war immer Marc Pfeifer. Es lief alles so, wie es laufen sollte. Da gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Es gibt für mich auch keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu anderen Klubs”, sagt Kraus und fügt hinzu: “Jeder Verein hat seine eigenen Stil bei Vertragsgesprächen, aber in der Summe ähneln sich die Klubs in ihrer Vorgehensweise.” Kraus berichtete auch, dass Investorenvertreter Anthony Power sich um seine Spieler immer “rührend” bemüht hat, um sie von einem weiteren Weg bei 1860 München zu überzeugen: “Power hat immer im Sinne des Vereins agiert, um den Spieler an den Verein zu binden. So sollte es auch sein. Mir ist so etwas lieber als eine komplette Gleichgültigkeit.” Unterm Strich kommt Kraus nur zu einem Ergebnis: “Es gibt bei 1860 nichts Ungewöhnliches. Pfeifer ist sehr korrekt, professionell und angenehm.”

Auch Stichprobe Nummer 3 will nicht genannt werden. Der langjährige Berater, den wir Hans Huber nennen, sagte gegenüber db24: “Ich kann die üblen Gerüchte nicht nachvollziehen. Wenn mich das betreffen würde, würde ich dagegen vorgehen. Das ist Rufmord! Ich arbeite schon sehr lange mit 1860 zusammen. Natürlich gibt es auch in unserer Branche schwarze Schafe. Mit den Löwen war aber immer alles sehr unkompliziert.” Weiter meinte Huber: “Was mir vor allem bei 1860 gefällt: Es ist nicht so, dass ein Berater vier oder mehr Spieler unter Vertrag hat - das zeigt, dass sich die Löwen auf keinerlei Spielchen einlassen. Das war schon mal anders und sorgte bei den Kollegen und auch mir für großes Unverständnis.”

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Robert Reisinger

Den Stein ins Rollen bei 1860 hatte ausgerechnet der eigene Präsident Robert Reisinger gebracht, der gegenüber dem “Wochenanzeiger” das Transfergebaren in seinem Verein kritisierte. Er sagte wörtlich: “Außerdem hat mir in einigen Fällen das Transfergebaren unter Beteiligung Dritter überhaupt nicht gefallen. So will ich nicht, dass in der KGaA gearbeitet wird. Aber das ist eben die Folge davon, wenn Befugnisse und Kompetenzen nicht geklärt sind.” Der e.V.-nahe Fanblog sechzger.de schrieb kurze Zeit später pikanterweise von einem “unwürdigen Transfergebaren” - und nennt Beispiele, die den Ruf der Giesinger Fußballfirma massiv beschädigen. Es wurde von Ungereimtheiten bei Spielertransfers berichtet. Pfeifer, der sich neuerdings einer Kampagne ausgesetzt sieht, hatte am Sonntag in der BR-Sendung “Blickpunkt Sport” dem Portal angeboten, die Sache mit einer Gegendarstellung zu bereinigen.

Max Kothny, der frühere Türkgücü-Geschäftsführer, dementierte gegenüber db24 bereits, dass er mit den Transferaktivitäten bei 1860 etwas zu tun hat. Und Maurizio Jacobacci hat auf db24-Anfrage versichert, dass er keinen Berater hat.

Wo bleiben die Beweise derjenigen, die bei 1860 ein Faß aufmachen wollen?