VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Für den TSV 1860 ist das Toto-Pokal-Viertelfinale in Pipinsried Pflichtprogramm (heute, 13.42 Uhr, db24-Ticker), für den Bayernligisten der Höhepunkt seit der Erstauflage 2018 im Dachauer Hinterland, als die Löwen mit dem 3:0 die Regionalliga-Meisterschaft feierten. Das db24-Interview mit Pipi-Vorstand Benny Rauch, 41, Weltmeister von 2022 im Kickboxen.

db24: Herr Rauch, die großen Löwen kommen ins 656-Seelen-Dorf Pipinsried: Hand aufs Herz: Wieviele Tickets hätten sie für dieses Spiel verkaufen können?

BENNY RAUCH: Im Sommer 2018 waren über 7.500 Fans bei uns zu Gast. Das war ein großes Fußballfest. Ich glaube, an diese Zahl wären wir nicht herangekommen. Aber 4.000 wären, denke ich, schon möglich gewesen. Wir haben aber nur eine Zulassung für 2.500 Fans beantragt, weil die Auflagen im Landkreis Dachau für eine größere Veranstaltung immens sind: Wenn wir 5.000 Zuschauer beantragt hätten, dann wär’s für uns mit Sicherheit ein Draufzahlgeschäft gewesen: Ordnungsdienst, Rettungsdienst etc. Man darf ja nicht vergessen, dass wir die Einnahmen im Toto-Pokal zudem mit 1860 teilen müssen. Das läuft anders als im Liga-Betrieb. Finanziell macht der Toto-Pokal wenig Sinn. Die Ausgaben sind deutlich höher als bei einem normalen Spiel.

db24: Im Vorfeld soll es zu Spannungen und Irritationen mit 1860 gekommen sein bezüglich der Kartenvergabe…

Richtig! 1860 wollte uns sagen, wie wir es machen sollen. Sie haben keine Arbeit, wollen aber uns sagen, wie es funktioniert und dann abkassieren.

db24: Sie hören sich ziemlich verschnupft an.

Schauen Sie! Das Problem bei 1860 ist, dass die Herrschaften bei 1860 massiv untereinander zerstritten sind. Das spüren wir sogar als Dorfverein. Dominik Rassl,der Leiter Spielbetrieb und Sicherheit des TSV 1860, verlangte von uns Dinge, die für uns einfach nicht umzusetzen waren. Er wollte beispielsweise, dass wir ein Online-Ticketing für dieses Spiel einführen, damit theoretisch auch der Löwen-Fan in Hamburg bedient werden kann. Rassl hat nicht verstanden, dass wir das alles ehrenamtlich machen und nebenbei auch noch in die Arbeit gehen. Ich hatte aber auch Kontakt mit Angelika Frisch, der Kartenchefin. Die Frau war sehr nett und wirkte überaus kompetent - mit ihr hätten wir das auch durchgezogen. Aber Rassl? Es kann nicht sein, dass das Ego einzelner über 1860 München steht. Das hat uns schon enttäuscht. Die Karten haben wir dann über Fanclubs verkauft.

db24: Ein Fan von 1860 werden Sie vermutlich nicht mehr…

Ich habe zum Fußball null Bezug. Ich schaue mir auch keine Fußballspiele im Fernsehen an. Ich komme aus dem Kampfsport. Ich habe seit Jahren mit den NLZ in Bayern zu tun: Bayern, Augsburg oder 1860, weil wir Spieler abgegeben oder auch Talente von 1860 II geholt haben. Die Strukturen der Löwen sind mit Sicherheit profihaft. 1860 hat immer noch eine große Strahlkraft, gehört auch nicht in die Dritte Liga, sondern bedeutend höher - schon allein aus Traditionsgründen. Aber ich verstehe die Art und Weise nicht, wenn das Ego Einzelner über dem Wohl des Vereins steht und man sich über den Fußball definiert und profiliert. Das ist keine schöne Tugend. Wir haben das in Pipinsried über Jahre im Kleinen durchgemacht - und bei 1860 wird das im Großen praktiziert.

db24: Ist eine Pokal-Sensation drin?

Da müssen wir realtisch bleiben. Je länger wir das Spiel offen gestalten können, desto größer ist die Chance auf eine Überraschung. Wir brauchen keinen Motivationkick. 1860 ist für uns ein absolutes Highlight, ein Glückslos. Der Druck liegt bei 1860, sie müssen in den DFB-Pokal - für uns ist das ein Bonusspiel. Wir wissen selbstverständlich, dass wir krasser Außenseiter sind - von unserer Wunschelf, die im Sommer in die Saison gestartet ist, stehen aktuell nur vier Spieler zur Verfügung. Das zeigt, dass wir eine gewisse Verletzungsproblematik haben. Trotzdem ist der Kader groß genug, um das aufzufüllen.

db24: Die Partie wird im Bayerischen Fernsehen zu sehen sein: Die Anstoßzeit ist mit 13.42 Uhr ungewöhnlich.

Ja, wegen der Skifahrer…(lacht). Pipinsried bekommt zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ein Livespiel im Bayerischen Fernsehen - das hat uns sehr gefreut. Die Fernsehübertragung ist genau getaktet. Ein Elfmeterschießen ist nicht eingeplant. Hoffentlich hat sich der BR nicht verkalkuliert (lacht).

db24: Will Pipinsried irgendwann mal wieder zurück in die Regionalliga?

Gerne! Aber nicht um jeden Preis! Ich finde, der Abstieg aus der Regionalliga hat uns gut getan, um sich wieder aufs Wesentliche zu fokussieren. Wir haben die Jugendarbeit hochgefahren. Das Gemeinschaftsgefühl in Pipinsried, die Vorstandsarbeit ist das, was mich an diesen Verein kleben lässt. Ich bin kein Präsident, der zum Sportlichen Leiter geht und sagt: ‘Hol den Spieler! Den brauchen wir!’ Für dieses Amt brauchst du Vernunft und einen gesunden Menschenverstand.