VON OLIVER GRISS

1860-Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik (46) hatte sich vor einigen Tagen mit der Faninitiative Pro1860 getroffen, um sich auch seinen Kritikern zu öffnen. Hinterher erklärte der frühere Fußball-Abteilungsleiter Roman Beer, der mit am Tisch saß, gegenüber der AZ, dass ihm die Auswahl Ismaiks Gesprächspartner missfalle: “Auf die Idee, sich mit PRO1860 zu treffen, hätte er auch früher kommen können. Andererseits muss man sagen: Er trifft sich momentan mit Hinz und Kunz, nur nicht mit dem Präsidium und dem Verwaltungsrat. Das sind die Leute, die er eigentlich treffen sollte.”

Wo sehen Sie sich: Pro1860, Ultras oder neutral?

Umfrage endete am 23.06.2024 17:00 Uhr
Neutral
70% (1723)
Pro1860
19% (457)
Ultras
12% (290)

Teilnehmer: 2470

Außerdem komme für Beer der Eindruck auf, dass Ismaik gerade den Exit suche - den Ausstieg von 1860. Wie der Stadion-Freund auf diese tollkühne Analyse kommt, ist freilich etwas gewöhnungsbedürftig. Außerdem orientiert sich der Architekt bei Ismaiks Vermögen an den Forbes-Listen, in denen Ismaik mit “nur” 300 Millionen Euro geführt wird. Vielleicht sollte sich Beer erst einmal erkundigen, wie das bei Forbes richtig funktioniert. Alles schwierig…

Am Sonntag postete die Faninitiative Folgendes:

Liebe Mitglieder, liebe Löwinnen, liebe Löwen,

im Vorfeld der am 16. Juni anstehenden Mitgliederversammlung beim TSV München von 1860 e.V. mit Neuwahl des Verwaltungsrats war und ist es uns wichtig, ein umfassendes Bild von allen beteiligten Akteurinnen zu bekommen und dies auch anderen Mitgliedern zu ermöglichen. Nach der von uns organisierten Vorstellungsrunde der Kandidatinnen für den Verwaltungsrat und einem Gespräch mit Hasan Ismaik sowie der Berichterstattung der letzten Wochen sind wir zu folgenden Schlüssen gekommen:

  • Die Mitglieder des Bündnis Zukunft behaupten von sich, einen besseren Zugang zu Hasan Ismaik zu haben und deshalb mit ihm zusammenarbeiten und ihre Ideen für den Profifußball der KGaA umsetzen zu können. In den dreizehn Jahren, in denen Hasan Ismaik Anteilseigner ist, konnten kein Präsidium und kein Verwaltungsrat längerfristig positiv mit ihm zusammenarbeiten. Warum sollte sich das ändern? Es ist uns bewusst, dass es dem Verein nicht in absehbarer Zeit gelingen wird, die Anteile zurückzukaufen. Es geht momentan nicht ohne einen Investor, aber es geht, den e.V. so aufzustellen, dass er autark agieren kann und finanziell stabil ist. Das hat der jetzige Verwaltungsrat geschafft. Dabei waren erhebliche Widerstände zu überwinden und die Mitglieder des Verwaltungsrats, die allesamt ehrenamtlich agieren, waren und sind teilweise erheblichen Diffamierungen und Drohungen ausgesetzt und doch haben sie ihren Kurs konsequent fortgesetzt. Der e.V. steht mit einer historischen Mitgliederzahl besser da als je zuvor. Auch die Abteilungen, die nicht über Ihre Verhältnisse agieren (jede Abteilung verwaltet ihre Gelder selbst), sind stabil und viele neue Abteilungen und Sparten wurden gegründet.

Deshalb sollte unseres Erachtens der aktuelle Kurs beibehalten werden. Eine Empfehlung für die neun in Einzelwahl zu wählenden Mitglieder des Verwaltungsrates werden wir demnächst bekannt geben.

- Das Bündnis Zukunft 1860 hat hohe Summen aufgebracht, um einen Wahlkampf zu finanzieren, von dem es behauptet, ihn nicht gewollt zu haben. Es beklagt die Spaltung zwischen den Fans und treibt selbst den Keil immer weiter hinein. Die Wahl des Verwaltungsrats wird zu einem Ereignis stilisiert, bei dem sich die Zukunft des TSV 1860 unwiderruflich entscheidet. Dies ist falsch, da der TSV 1860 in jüngerer und auch älterer Vergangenheit gezeigt hat, dass ein stabiler e.V. auch für Erfolge sorgt. Die Gelder, die das Bündnis Zukunft 1860 und/oder einzelne Mitglieder des Bündnisses oder deren Organisationen ausgegeben haben, wären sicherlich bei den Abteilungen hilfreicher gewesen.

- Wir bedauern, dass sich Hasan Ismaik, wie er es auch in dem Gespräch mit uns mehrfach bestätigt hat, nicht mit dem Präsidium und dem amtierenden Verwaltungsrat treffen will, die beide mit großer Mehrheit von den Mitgliedern gewählt wurden. Allerdings wäre es für jeden Gesellschafter, schon um sein Invest langfristig zu sichern bzw. zu stabilisieren, sinnvoll, bei wichtigen Entscheidungen selbst mitzureden. Dank der deutschen 50+1 Regelung ist jedoch auch im Falle einer Verweigerung von Gesprächen weder die KGaA noch der Spielbetrieb gefährdet.

- Die Vision, die uns Hasan Ismaik für den TSV 1860 ausgemalt hat, betrachten wir als unrealistisch. Für ein Gesamtinvest in Höhe von 200 Millionen Euro solle ein neues Stadion gebaut und der Aufstieg in die 1. Bundesliga bewerkstelligt werden. Jürgen Klopp könnte dann die Mannschaft trainieren, der TSV 1860 würde auf Augenhöhe mit dem FC Bayern spielen und sei schließlich drei bis vier Milliarden Euro wert.

*Wie sich im Gespräch mit uns herausgestellt hat, würde die Finanzierung keine Geschenke des Investors beinhalten. Vielmehr sollen Banken und andere Finanzierungspartner für die Bereitstellung der von Ismaik in den Raum geworfenen 200 Millionen Euro sorgen – in Form von Darlehen, Kapitalerhöhungen und/oder eines Börsengangs. Weitere Darlehen würden eine weitere hohe Verschuldung für die KGaA bedeuten, die weder im Hinblick auf die Lizenzerteilung noch auf die seit 2017 insolvenzrechtlich nötige Fortführungsprognose statthaft ist. Zudem ist die Verknüpfung eines Engagements zugunsten des TSV München von 1860 mit der Wahl von bestimmten Personen in den Verwaltungsrat für uns absolut nicht akzeptabel.

  • Hasan Ismaik wirft PRO1860 vor, auf Basis einer „Ideologie“ zu agieren, insbesondere, was unsere Haltung zum Sechzger-Stadion betrifft. Wir haben versucht ihm Begriffe wie Fußballkultur oder auch -philosophie nahezubringen, allerdings ist dies, nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Sprache, sehr schwierig. Wir haben zudem festgestellt, dass er über viele Gegebenheiten beim TSV 1860 sowohl vor dem Kauf der KGaA-Anteile, als auch in den Jahren danach von seinen Kontaktpersonen in München nicht ausreichend und eventuell auch falsch informiert wurde.*

- Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Vereinssatzung. Die Unterschiede zwischen der heutigen Satzung und der Fassung vor der von uns vorangetriebenen, umfassenden Satzungsänderung 2014 waren Hasan Ismaik nicht bzw. nicht ausreichend bekannt. Ob wir seine Unterstellungen und Falschannahmen im Gespräch ausräumen konnten, wissen wir nicht.

Wir möchten Euch zu einzelnen der vorgenannten Themen in den nächsten Tagen ausführlicher informieren. Und wir rufen Euch auf, am nächsten Sonntag zur Mitgliederversammlung zu kommen und Euch mit Eurer Stimme zum Wohl des TSV München von 1860 e.V. einzubringen.

Weiß-blaue Löwengrüße
PRO1860 – die Vorstandschaft

Anmerkung der Redaktion: Wir geben die aktuelle Stellungnahme 1:1 wieder, jedoch werden wir in den nächsten Tagen das Wirken und die Rolle von Pro1860 seit dem Jahr 2006 eingehend beleuchten.