Bündnis-Kandidat Thomas Hirschberger im db24-Interview: "Reisinger ist krachend gescheitert"
- VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)
- 13.06.2024 16:55
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VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)
Thomas Hirschberger (61) gilt als einer der erfolgreichsten Münchner Gastronomen der letzten 30 Jahre. Der Unternehmer, der seinerzeit die "Sausalitos"-Kette und "Hans im Glück" hochzog und dann vor der Corona-Krise verkaufte, hat nur noch ein Laster: Den TSV 1860 München. Hirschberger kandidiert zum zweiten Mal nach 2018 für den Verwaltungsrat. Das db24-Interview:db24: Herr Hirschberger, Sie kandidieren für das Bündnis. Warum tun Sie sich die Schlangengrube 1860 an?
THOMAS HIRSCHBERGER: 1860 ist einfach Münchens große Liebe, mein Herzensverein. Ich bin in Giesing geboren. Ich bin seit 1965 im Stadion. Wenn man einmal Löwe ist, dann kommt man von dieser Droge nicht mehr los.
db24: Und das obwohl die 0:9-Pleite 2018 mit dem “Team Profifußball” für Sie ausgesprochen schmerzhaft gewesen sein muss…
Das Wort Niederlage gibt es in meinem Wortschatz nicht. Wir haben damals versucht, für Sechzig eine Wende herbeizuführen, damit es wieder Richtung Profifußball geht. Damit die Probleme wie das Stadion oder die anderen Probleme gelöst werden. Wir sagten damals: “Wir werden das ändern!” Und nach sieben Jahren weiß jeder Löwen-Fan: Es ist nichts passiert! Wir haben nach wie vor keine Stadionlösung, wir haben auch keine Turnhalle - und wir spielen mittlerweile um den 15. Platz in der Dritten Liga. Die Mitglieder und Fans leben von Versprechungen von damals. Ich glaube, wenn einige von uns seinerzeit in den Verwaltungsrat eingezogen wären, wäre es die letzten sieben Jahre anders verlaufen. Jetzt greifen wir nochmal an! Wir sind zuversichtlich! Wir wissen, dass es nur in einer veränderten Situation für 1860 nach vorne gehen kann.
db24: Der Wahlkampf ist sehr schmutzig. Warum verspricht das Bündnis eine Änderung?
Weil die derzeitigen Verantwortlichen geschlossen, derzeit 11 oder 12 Personen, einen Kurs eingeschlagen haben, der in den letzten sieben Jahren zur totalen Verzwergung von 1860 geführt hat. Man hat nur einen Fokus: Ismaik muss weg! Es geht überhaupt nicht mehr um Themen, die angerissen werden müssen, dass die Abteilungen neue Spielstätten bekommen oder die Boxer eine neue Halle. Es geht nur noch um Ismaik, Ismaik, Ismaik. Und dass man im Grünwalder Stadion bleibt, in dieser alten Bude, Grünspitz und Candidplatz. Das sind die Themen, die im Fokus waren, aber dass 1860 auf der Strecke bleibt, das übersehen alle. Ich sehe keine Perspektive nach vorne. Es wird alles in Kauf genommen. Hauptsache, man bleibt in Giesing. Das ist für mich die völlig falsche Einstellung.
db24: Der Umbau hat selbst bislang nicht geklappt, obwohl man mit Verena Dietl eine ehemalige Verwaltungsrätin nun als Dritte Bürgermeisterin in der Stadt sitzen hat…
Vorweg: Verena Dietl ist Löwin durch und durch. Sie war damals im Verwaltungsrat und hat vermeintlich auch den Kurs unterstützt, der damals schon gegen Ismaik war. Jetzt ist sie in neuer Funktion die Sport-Bürgermeisterin. Und hat mit Verantwortlichen und Nicht-Verantwortlichen gesprochen - und nicht mal in dieser Konstellation ist 1860 in der Stadion-Frage einen Schritt nach vorne gekommen. Was muss denn noch passieren, dass man Nägel mit Köpfen macht? Wir müssen den Mitgliedern und Fans endlich die Augen öffnen: Das Grünwalder wird niemals auf 25.000 oder 30.000 Zuschauer ausgebaut. Das ist einfach nicht möglich, auch wenn es immer wieder kolportiert wird, nur um die Fans zu beruhigen. Und ein Ausbau um 3.000 Plätze mehr für 100 Millionen Euro wird es auch nicht geben. Das wäre ein wirtschaftliches Desaster. Das wird nie passieren. Das kann kein Bürgermeister, kein Stadtrat durchsetzen. Dafür kannst du 100 Kindergärten bauen - und wir wollen 3.000 Sitzplätze mehr…
db24: Warum sind Sie sich so sicher?
Ich habe mich mit verschiedenen Stadträten unterhalten. Und wenn wir einen Mietvertrag unterschreiben würden, der 25 Jahre läuft, dann kann man sich an einer Hand auszählen, was wir dann für einen Mietzins zu tragen hätten. Ich glaube, das sind dann keine Bogenhausen-Preise mehr, sondern eher in Richtung Miami oder New York City (lacht). Wir brauchen eine Löwen-Heimat.
9 aus 23: Wer ist Dein Spitzenkandidat für die Verwaltungsrats-Wahl des TSV 1860 am Sonntag?
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db24: Was würde passieren, wenn 1860 im Sommer 2025 durch Zufall aufsteigen sollte?
Genau das ist es doch! Wir haben gar kein Stadion, das der Zweitliga-Norm entspricht. Wo würden wir spielen? Im Olympiastadion? Das wird umgebaut! Meines Wissens könnten wir in Heidenheim spielen, alle anderen umliegenden Vereine wollen uns nicht haben. Wir brauchen eine neue Löwen-Heimat!
db24: Die 1860 mit der Allianz Arena prinzipiell ja hatte…
Ja, das ist richtig! Wir hatten auch nicht wenige Spiele mit 50.000 oder 60.000 Fans. Daran sieht man, welch großes Potential 1860 hat. Am schwarzen Freitag haben dann verantwortliche Funktionäre gejubelt und gesagt: “So, jetzt gehen wir zurück ins Grünwalder Stadion” - ohne zu wissen, dass der Verein mit dem Auszug aus einem der modernsten Stadien der Welt sich in eine Sackgasse bewegt. Selbst da sieht man, welcher Fanatismus mit dem Grünwalder Stadion verbunden ist.
db24: 1860 kommt unter Präsident Reisinger nicht vom Fleck: Wie bewerten Sie seine Arbeit?
Bevor Robert Reisinger2017 ins Präsidium gewechselt ist, war er vorher auch schon im Verwaltungsrat. Er hat viele Entscheidungen mit getragen, auch im Sommer 2016 übrigens, als Ismaik investiert hat. Warum ist Reisinger nicht aufgestanden? Persönlich habe ich nichts gegen Reisinger, aber er ist als Präsident krachend gescheitert. Die Entwicklung des e.V. kann man realistisch sehen oder auch schönreden. Dass wir jetzt 27.000 Mitglieder haben, ist schön. Aber ich wünsche mir 127.000 Mitglieder in einer Stadt wie München. Das wäre ein Erfolg. Ich würde mir wünschen, dass wir in anderen Abteilungen so erfolgreich sind, wie wir schon einmal waren: Im Volleyball oder Basketball. Die Boxer mussten wieder aus der Bundesliga aussteigen, weil sie sich diese Ebene nicht leisten können. Im ESports sind wir krachend gescheitert - ebenso mit den großangekündigten Golf-Plänen von Reisinger. Und das obwohl unser Präsident leidenschaftlicher Golfer ist. Und wenn man das Bamboleo als Erfolg verkauft, dann weißt du, in welcher Größenordnung 1860 denkt. Die großen Themen wurden einfach nicht angegangen. Wir leben alle in einer großen Blase - und merken gar nicht, wie uns alle überholen.
db24: Die Menschlichkeit bleibt seit vielen Jahren bei 1860 auf der Strecke. Stört Sie das auch?
Auf jeden Fall! Besonders in den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass wir von dem Idealbild eines Vereins meilenweit entfernt sind. Man geht nicht aufeinander zu, sondern bekämpft sich. Es wäre schön, wenn der Respekt wieder Einzug halten würde. Es ist so, dass man sich im Stadion nichtmal mehr anschaut - und das nur, weil man eine andere Meinung hat. Wie allein mit Hans Sitzberger bei 1860 umgegangen worden ist, ist ein Skandal. Er wurde diffamiert, medizinisch in Frage gestellt hat, dass er dement sei, dass behauptet wurde, dass er Emails weitergereicht hätte und keinerlei Beweise auftischt, das ist ein starkes Stück. Das hat mit Vereinsleben nichts zu tun. Das ist unterirdisch schlecht.
db24: Sollte das Bündnis am Sonntag die Mehrheit im Verwaltungsrat bekommen, was würde sich zum Wohl von 1860 am nächsten Tag ändern?
Wie würden sofort das Präsidium anweisen, sofort eine plausible, fundierte Lösung für die Turnhalle vorzulegen. Prio 2! Prio 1 ist, die Entscheidung pro oder kontra Grünwalder Stadion mit der Stadt München zu vereinbaren und das zu wirtschaftlichen Bedingungen, die tragbar sind. Oder sofort einen Stadion-Neubau mit integrierter Turnhalle anzupeilen und dazu die notwendige Finanzierung aufzusetzen. Die Abteilungen müssen eine Heimat finden, das ist die größte Prämisse. Ich hoffe deswegen, dass alle stimmberechtigten Mitglieder einen Tag in ihrem Leben für ihren Herzensverein opfern und zum Wählen kommen. Es geht um eine große Wahl, um eine Richtungswahl. Der Tag ist so wichtig wie ein Aufstiegsspiel.