VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Der Erste, der ihm via Telefon zu seinem 90. Geburtstag gratulierte, war an diesem Dienstagmorgen einer, der ihn seit über 60 Jahren kennt: Fredi Heiß, sein jahrelanger treuer Wegbegleiter aus großen 1860-Zeiten. "Besonders gefreut habe ich mich auch über die Telefon-Glückwünsche von Günter Netzer und Wolfgang Niersbach gefreut." Auch Münchens OB Dieter Reiter wollte sich persönlich bei der Fußball-Ikone melden. Auf eine große Feier verzichtet Petar Radenkovic zu seinem Ehrentag. "Der 90. Geburtstag ist nicht dafür da, groß zu feiern", sagte der Radi, die Torwart-Legende des TSV 1860, gegenüber db24: "Seit der Pandemie hat sich viel verändert in meinem Leben." Deswegen wird der Serbe am Samstag nur im kleinen Kreis seinen Ehrentag feiern - mit seinem Stammtisch in Belgrad.

Nach München, in seine Lieblingsstadt, ist er in diesem Jahr noch nicht gekommen. “Vielleicht schaffe ich es im Dezember”, sagte er: “Das Reisen wird für mich immer stressiger. Die langen Wartezeiten am Flughafen, die vielen Menschen - das muss ich nicht mehr haben.”

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Die Löwen verfolgt Radenkovic nur noch am Rande. “Die Dritte Liga bekommt man in Belgrad nicht im Fernsehen mit”, wird er deutlich: “Wir sprechen an unserem Stammtisch immer über den großen Fußball, über die Champions League, die Premier League oder die Bundesliga. Leider ist 1860 nur noch eine kleine lokale Nummer.” Was die Löwen-Ikone sehr bedauert, aber nicht wundert: “Eigentlich gibt es diese Probleme, mit Ausnahme der Zeit mit Wildmoser & Lorant, seit unserer aktiven Zeit mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft. Der Verein hat den Fehler gemacht, dass keiner von unserer Mannschaft in den Verein integriert worden ist. Wir hatten mit Fredi Heiß oder Peter Grosser herausragende Persönlichkeiten, die keine echte Chance bekommen haben. Das ist der Hauptgrund, warum 1860 seit so langer Zeit keine Erfolge vorweisen kann.”

Während Radenkovic auch im hohen Alter nicht mit Kritik spart, klammert er die Fans explizit aus: “Die Zuschauer von Sechzig sind das einzige, was Erstliga-Format hat. Warum kann man die Fans nicht glücklich machen? Es ist so traurig, dass die Vereinsoberen es nicht schaffen, den Verein in die Bundesliga zurückzubringen. Die Marke 1860 ist ein Mythos, doch jetzt ist 1860 nur noch eine Provinzmannschaft. Ich wiederhole mich: Das einzig wahre Kapital dieses Vereins sind die Fans.”