VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Die Mitgliederversammlung des TSV 1860 war im Juni. Sie war turbulent, gewöhnungsbedürftig - und lang wie nie: 13,5 Stunden dauerte die Marathon-Veranstaltung. Und das Besondere daran: Erstmals war 1860-Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik dabei. Es wurde nach dem 0:9-Debakel für das Bündnis die Anti-Ismaik-Fahne gewedelt, das Scheich-Lied gesungen. Außerdem wurden in den Stunden zuvor Kondome mit dem durchgestrichenen Konterfei von Ismaik verteilt. Kurios außerdem: Die MV begann bereits, als draußen noch hunderte Fans standen.

Nachdem es verboten war, von der Mitgliederversammlung zu tickern, ist jetzt das Protokoll dieser MV online - wir raten jedem Löwen-Fan, alles zu lesen. Auch die peinliche Zirkus-Rede von Ex-Geschäftsführer Oliver Mueller, der nach nur 215 (!) Tagen das Feld räumte. Auszugsweise präsentieren wir Ihnen einen Teilbereich aus der nun veröffentlichten Reisinger-Rede:

Seit dem Sommer 2017 bin ich Präsident des Muttervereins. Mittlerweile im siebten Jahr. Erklärtermaßen zum Leidwesen von Hasan Ismaik. Denn einige Dinge haben sich seither verändert. Zwar suchen wir als Vereinsvertreter nach wie vor eine enge Kooperation mit unserem Mitgesellschafter, aber wir lassen uns als Verein nicht mehr alles bieten. Weil Hasan Ismaik diese Haltung unmittelbar mit meinem Namen verknüpft, bin ich für ihn zum personifizierten Feindbild geworden. Der TSV 1860 München ist nicht etwa deshalb heute ein Drittligist, weil ihn angebliche “Verzwerger“, die sich in unteren Ligen besonders wohlfühlen würden, dort gerne sehen. Nein, der TSV 1860 München ist deshalb ein Drittligist und war 2017 ein Vierligist geworden, weil Menschen mit hochtrabenden Plänen ihn im Größenwahn genau dort hingebracht hatten. Es sind die vermeintlichen Erlöser und die Glücksritter, die den Löwen die Perspektive im Profifußball rauben. Und immer sind es engagierte Ehrenamtliche im Verein, die die Scherben zusammenkehren, die diese Leute hinterlassen. Und jetzt stehen wieder neue Heilsbringer vor der Tür und wollen es wissen. Ich warne davor, die gleichen Fehler wieder und wieder zu machen.

Welche Stadionlösung bevorzugen Sie für 1860?

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In welche Liga gehört der TSV 1860 München? Ich werde Ihnen nun etwas sagen, was einigen von Ihnen vermutlich nicht gefallen wird. In der Vorstellung, ein immerwährender Erstligist sein zu müssen, weil man mal Gründungsmitglied der Bundesliga von 1963 und Meister von 1966 war, steckt ein Problem. Die fixe Idee, man wäre naturgemäß zu Höherem berufen und nur wegen widriger Umstände grad mal eben nicht ganz oben dabei, ist eine Lebenslüge. In den vergangenen gut 60 Jahren seit der Gründung der Bundesliga, war der TSV 1860 München nicht einmal ein Drittel dieser Zeit wirklich erstklassig. Die anderen zwei Drittel verbrachte man in der zweiten, dritten und vierten Liga. Das ist die nackte Realität. Dazu kommt: im Profifußball hat sich in den vergangenen 25 Jahren erkennbar eine Mehrklassengesellschaft herausgebildet – in der Bundesliga und auf europäischer Ebene. Sollte sich der Profifußball nicht grundlegend reformieren, wofür es derzeit keinerlei Anzeichen gibt, geht die Schere zwischen den Top-Klubs und dem Rest immer weiter auf. Trotzdem schlägt unserem Verein seit Generationen eine unbändige und schier unzerstörbare Liebe und Zuneigung seiner Fans entgegen. Es muss also noch etwas Anderes geben als Titel und Pokale, das so viele Menschen seit 164 Jahren an den TSV 1860 München bindet. Wir wollen alle immer so hoch spielen wie nur irgend möglich. Dafür sind wir Sportler. Aber sicher nicht um jeden Preis.

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