VON OLIVER GRISS UND STEFAN MATZKE (FOTO)

Wenn Löwen-Trainer Agis Giannikis (44) am Freitag in der Spieltags-PK vor dem Heimduell gegen den SC Verl (Samstag, 16.30 Uhr, db24-Ticker) gefragt werden sollte, warum 1860 München in der Auswärtstabelle auf Platz 1 steht und diese Qualität nicht im Grünwalder Stadion auf den Platz bekommt, wird der Deutsch-Grieche vermutlich wie immer sagen: "Die Heimtabelle sieht nicht so aus, wie wir uns das wünschen. Wir spielen aber sehr gerne vor unseren eigenen Fans im Grünwalder Stadion."

Doch davon ist in der sportlichen Statistik wenig zu sehen: Die Löwen fremdeln ausgerechnet in ihrem sogenannten Wohnzimmer, das seit Jahren eine positive Entwicklung verhindert - sportlich wie finanziell. In der Heimtabelle stehen die Sechzger (man will es gar nicht glauben) punktgleich mit Heim-Schlusslicht Hannover 96 II auf dem vorletzten Tabellenplatz der Dritten Liga. In acht Heimspielen setzte es bereits fünf (!) Niederlagen. Der Giannikis-Elf gelangen nur zwei Heimsiege, überzeugend dabei war nur das 3:0 gegen Waldhof Mannheim. Kurzum: Die Löwen bekommen es auf Giesings Höhen einfach nicht geregelt.

Die Gründe für das Nicht-Performen von Marco Hiller, Thore Jacobsen & Co. im altehrwürdigen Grünwalder Stadion könnten vielschichtig sein: Zum einen die hohe Erwartungshaltung des Anhangs, die Geschäftsführer Dr. Christian Werner zuletzt angesprochen hat. Zum anderen die fehlende positive Stimmung. Nach dem Zweitliga-Abstieg und dem Umzug von der Allianz Arena in den Stadtteil Giesing wurde die Atmosphäre teilweise künstlich hochgejazzt - im siebten Jahr ist die Luft raus. Die Kultstätte hat nicht die Wirkung, die sich eine bestimmte Klientel erträumt hat.

Der einstige Zauber, den das Stadion zeitweise in der Bayernliga-Zeit in den 80er Jahren oder mit dem Durchmarsch in die Bundesliga zweifelsohne hatte, ist längst verflogen. Dazu kommt die Uneinigkeit bei den Fans, selbst die Ultras sind nach dem Aus der “Münchner Löwen” keine Bank mehr. Ein Beispiel gefällig? Beim 1:2 gegen Hansa Rostock vor anderthalb Wochen standen die “Rabauken” abseits der Herzkammer in der Westkurve und feierten auf ihre Weise. Ein Abtörner für einen geschlossenen Verein sind auch die Vereinsfunktionäre, die ein desaströses Bild abgeben und keinerlei Ideen haben, den Klub wieder groß zu machen. Das alles verhindert den sportlichen Erfolg.

Interessant ist ein Blick in den Statistikbereich: Als die Löwen die Drittliga-Saison 2020/2021 und 2021/2022 jeweils als Vierter abschlossen, landeten sie in der Heimtabelle auf Platz drei beziehungsweise auf Rang vier - und diese Bilanz ist aus diesem Grund interessant, weil die Mannschaft in dieser Phase in der Corona-Krise zeitweise ohne Fans auskommen musste. War’s ohne den Druck der ein Vorteil? Darüber kann man zumindest spekulieren. In der Vorsaison landeten die Löwen übrigens in der Heimtabelle auf Rang 14 - mit rekordverdächtigen acht Pleiten in Giesing.

Themawechsel: Dass die Löwen mittlerweile keine Konstanz in ihren Leistungen hätten, wollte sich Giannikis nach dem glatten 3:0-Sieg in Essen nicht nachsagen lassen: “Du bist nicht Tabellenführer in der Auswärtstabelle, wenn du keine Konstanz hast. Wir haben in den letzten fünf Spielen drei Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage. Es ist nicht ganz inkonstant im Moment.“

db24 meint: Um ein Auswärtsspiel im Grünwalder Stadion zu imitieren, sollten die Löwen vielleicht taktisch noch etwas an der Stellschraube drehen, die Nacht vor der Partie im Hotel verbringen - und für den Kopf gegen Verl in den weißen Ausweichtrikots auflaufen. Vielleicht klappt’s dann auch auf Giesings Höhen…