Das große db24-Interview mit Hasan Ismaik: "Worauf warten wir? Wir brauchen eine Veränderung!"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 13.02.2025 09:03
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
db24: Herr Ismaik, beim TSV 1860 geht es wieder rund: Der Verwaltungsrat hat Robert Reisinger am vergangenen Montag mitgeteilt, dass er nicht mehr als Präsident aufgestellt wird und Gernot Mang sein Nachfolger werden soll. Haben Sie dazu eine Meinung?
HASAN ISMAIK: Das überrascht mich jetzt, denn Robert Reisinger sagte bei unserem Treffen Anfang Januar, dass er wieder antreten wolle.
db24: Worüber haben Sie noch geredet?
Ich will etwas weiter ausholen: Dass wir uns in Abu Dhabi getroffen hatten, war eine kurzfristige Geschichte, das will ich betonen. Reisinger war auf der Durchreise. Wir hatten an diesem Tage beide nicht viel Zeit, deswegen konnten wir nur 45 Minuten sprechen. Es war ein respektvolles Gespräch. Ich wollte ihn auch noch zum Abendessen einladen, aber er musste leider weiterfliegen.
db24: Haben Sie sich ausgesprochen?
Sie kennen mich, ich bin ein offener Mensch. Das was war, liegt zurück und sollte man liegen lassen. Wir haben uns über die Zukunft der Löwen unterhalten und natürlich auch über die leidige Stadion-Frage. Wir waren uns beide einig, dass wir im Grünwalder Stadion nicht weiterkommen, uns jedes weitere Jahr viel Geld kostet und wir einen anderen Weg einschlagen sollten.
Was mich gefreut hat, dass Reisinger bei unserem Treffen Einsicht gezeigt hat
db24: Welchen?
Ein Verein mit dieser Wucht hat eine andere Zukunft verdient, eine bessere - und das sage ich nicht nur im Interesse der Mitglieder, sondern der gesamten Fanbase und die ist normalerweise richtig groß. Was mich gefreut hat, dass Reisinger bei unserem Treffen Einsicht gezeigt hat. Das was ich schon vor Jahren gepredigt hatte, ist ihm mittlerweile auch bewusst. 1860 braucht nicht nur eine gute Mannschaft, sondern auch einen Ort der Zusammenkunft, mit dem alle Fans mitgehen können.
Grünwalder? Profiteure sind aktuell nur die umliegenden Kneipen und Geschäfte!
db24: Und deswegen?
Bin ich für einen Stadion-Neubau. Ich habe Reisinger vorgeschlagen, dass wir an anderer Stelle eine Arena bauen, die auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Grünwalder Stadion hat. Schauen Sie sich die Vereine in Deutschland an: Die, die mutig sind und ihre Zukunft selbst in die Hand genommen haben, sind belohnt worden. Augsburg, Mönchengladbach und Freiburg in der Ersten Liga oder Karlsruhe mit dem Stadion-Neubau in der Zweiten Liga. Ich verstehe die Menschen, die 1860 auch mit dem Stadtteil verbinden und sich in den Kneipen vor und nach dem Spiel ausleben. Aber auch 1860 selbst sollte profitieren. Profiteure sind aktuell nur die umliegenden Kneipen und Geschäfte. Momentan macht 1860 kein Business, sondern forciert Liebhaberei rund um eine Fußballstätte mit Museumscharakter.
Ich bin Dieter Reiter sehr dankbar, dass er uns überhaupt noch Gehör schenkt
db24: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter fordert in diesem Jahr eine Entscheidung in der Stadion-Frage von Seiten 1860.
Das ist auch stark in meinem Interesse. Worauf warten wir? Meine Meinung ist bei 1860 hinterlegt und das seit vielen Jahren: Wir brauchen eine Veränderung. Wie lange wollen wir uns noch selbst beschneiden? Ich bin Dieter Reiter sehr dankbar, dass er uns überhaupt noch Gehör schenkt. Wir als 1860 tun momentan wenig dafür, dass die Stadt auf uns stolz sein kann.
db24: Hat sich der designierte neue Löwen-Boss Gernot Mang bei Ihnen schon gemeldet?
Nein, es betsteht kein Kontakt zwischen uns. Ich kenne ihn aber. Er ist ein anständiger Mann mit einem großen Herz für den Profifußball - mehr kann ich aber zu ihm nicht sagen.
Man sollte schon der Mündigkeit und Intelligenz der Mitglieder vertrauen
db24: Mang wurde vom Verwaltungsrat laut Satzung als einziger Kandidat vorgeschlagen - ohne, dass sich offenbar andere mögliche Bewerber vorab dem Kontrollgremium präsentieren konnten…
Diese Tatsache finde ich sehr traurig und hat aus meiner Sicht relativ wenig mit Demokratie und Vereinsleben zu tun. Unabhängig von Mang sollte 1860 darüber nachdenken, ob dieses Wahl-Verfahren dem Verein mehr schadet als es nützt. Den Mitgliedern wird vom Verwaltungsrat das logische Denken abgenommen. Ich habe dazu eine klare Meinung: Die Mitglieder sollten die Möglichkeit haben, aus verschiedenen Kandidaten auszuwählen und nicht den aus VR-Sicht ultimativen Kandidaten vorgesetzt bekommen. Man sollte schon der Mündigkeit und Intelligenz der Mitglieder vertrauen.
Der Verwaltungsrat will nur Marionetten, die für ihn tanzen und nach außen hin die Hauptlast tragen
db24: Der Verwaltungsrat, der nicht unbedingt als ihr Freund gilt, hat die Zügel in der Hand…
Der Verwaltungsrat hat aktuell die totale Kontrolle über 1860, ich finde nicht, dass die letzten acht Jahre für die Arbeit des Verwaltungsrats sprechen. Ich will nicht auf die einzelnen Fälle der Vergangenheit eingehen. 1860 sollte bereit sein, endlich seine Satzung zu ändern und die Demokratie wieder aufleben zu lassen: Unter dem aktuellen Procedere kann man sich auch die Wahlen sparen und auf ein Präsidium komplett verzichten, denn der Verwaltungsrat will nur Marionetten, die für ihn tanzen und nach außen hin die Hauptlast tragen. Deswegen schlage ich vor, spart euch die Präsidenten-Wahl! Das sage ich als Mitglied.