Das große db24-Interview mit Aufsichtsratsboss Stimoniaris: "Grünwalder? Die Fakten liegen auf dem Tisch!"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 25.03.2025 07:46
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
db24: Der TSV 1860 befindet sich im letzten Saison-Drittel: Der Klassenerhalt in der Dritten Liga ist nach zehn Punkten aus den vergangenen vier Spielen wieder greifbar. Herr Stimoniaris, wie erleichtert sind Sie?
SAKI STIMONIARIS: Wir dürfen jetzt keinen Zentimeter nachlassen. Ich muss betonen: Ich bin kein Fußballexperte, mir steht es nicht zu, als Fachmann aufzutreten - ich kann nur das sagen, was ich sehe: Nach dem 0:4 in Saarbrücken mussten wir mit dem Schlimmsten rechnen. Die Mannschaft hatte sich in der Wintervorbereitung überhaupt nicht stabilisiert - was unsere Hoffnung war. Deswegen war es richtig nach dieser Pleite, mit einem Wechsel von Cheftrainer, Co-Trainer und drei neuen Spielern einen neuen Impuls zu setzen. Das geht bis jetzt auf: Mittlerweile tritt die Mannschaft wesentlich stabiler und gefestigter auf. Dass wir nachlegen konnten, war keine Selbstverständlichkeit: Dafür möchte ich mich bei Hasan Ismaik bedanken, denn ohne seine finanzielle Unterstützung hätten wir keine personellen Veränderungen herbeiführen können. Und damit wir uns richtig verstehen: Glücklich sind wir über den bisherigen Saisonverlauf alle nicht. Am Ende wird wieder eine verschenkte Saison stehen, selbst wenn wir den Klassenerhalt schaffen.
db24: Die Frage muss erlaubt sein: Warum hat man trotz deutlicher Signale nicht schon früher den Trainer ausgetauscht?
Dies ist immer eine Entscheidung der Geschäftsleitung - und vor allem auch eine Kostenfrage! Das ist genau das Problem bei 1860 seit vielen Jahren: Wenn’s mal nicht läuft, soll sofort das Personal ausgetauscht werden. Die, die das aber zu verantworten und entschieden haben, schieben es dann meist der anderen Seite zu. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, wer das alles entschieden und zu verantworten hat… Ich erinnere an dieser Stelle an die Personalien Michael Köllner oder Marc Pfeifer: Nicht nur ich, sondern auch Hasan Ismaik waren von der Arbeit der Beiden restlos überzeugt. Es gab aber Kräfte im Verein, die das anders gesehen und gegen Herrn Köllner und Herrn Pfeifer gearbeitet haben. Am Ende haben sie sie entlassen. Genau deswegen stehen wir da, wo wir stehen - und brauchen uns nicht zu wundern, dass wir keinen Schritt vorangekommen sind.
db24: Eine Fehlentscheidung war die Beförderung von Oliver Mueller zum kaufmännischen Geschäftsführer mit 50+1: Nach nur 216 Tagen musste der Pfeifer-Nachfolger schon wieder gehen - nach der fristlosen Kündigung hat man sich im Januar vor dem Arbeitsgericht getroffen…
Um in den Worten von Hasan Ismaik zu bleiben: Der e.V. hat diese Personalie zu verantworten und dann muss er auch dafür aufkommen - ohne Wenn und Aber. Dass 1860 im vergangenen November doch noch gerettet wurde, als uns finanziell das Wasser bis zum Halse stand, lag in erster Linie an der freundlichen und immer wiederkehrenden Unterstützung von Hasan.
db24: Zurück nochmal zu Mueller: Er stritt im jüngsten db24-Interview alle Vorwürfe gegen sich ab.
Das sollen die Gerichte klären, das findet alles außerhalb der KGaA statt. Die Verantwortlichen des e.V. haben ihn eingestellt, sie haben ihn auch ausgestellt und sind aus meiner Sicht für die gesamte Situation verantwortlich.
db24: Der e.V.-Verwaltungsrat hat Gernot Mang als neuen Präsidenten des TSV 1860 vorgeschlagen: Was ist Ihre Meinung dazu?
Zunächst finde ich es gegenüber Robert Reisinger und seinen Präsidiumskollegen respektlos, dass der Verwaltungsrat frühzeitig, möglicherweise in der Hoffnung auf einen sofortigen Rücktritt des aktullen Präsidiums, ein Nachfolge-Gremium designiert und vorgeschlagen hat - und das nicht nur sechs Wochen vor den Wahlen, sondern rund fünf Monate vorher. Dabei ist Reisinger noch immer der Präsident von 1860. Deswegen befinden wir uns aktuell in einem bedauerlichen Stillstand-Modus. Das ist kein Ruhmesblatt. Dieser Verwaltungsrat handelt aus meiner Sicht nicht im Sinne des Profibereiches von 1860. So etwas klärt man bevor man etwas entscheidet oder verkündet. Das ist ein Armutszeugnis. Und zu Herrn Mang: Ja, ich kenne ihn schon länger. Deswegen bin ich schon etwas irritiert und enttäuscht, was er seit einigen Tagen von sich gibt. Das wirkt nicht authentisch. Das ist nicht der Gernot, den ich kennengelernt habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das, was er sagt, auch zu 100 Prozent so meint.
db24: Was meinen Sie genau?
Naja, Herr Mang verkündete das fast identische Wahlprogramm von Robert Reisinger - und das obwohl es acht Jahre nicht gegriffen hat. Alles, was Reisinger verkündete, ist nicht eingetreten. Und darum bin ich verwundet, dass Herr Mang und seine Mitstreiter sich nahezu selbm Vokabular bedienen. Handelt es sich hier um Reisinger 2.0? Die Ankündigung einer Zusammenarbeit mit Hasan Ismaik, dem Ausbau des Grünwalder Stadions, Neubau Turnhalle - und die provokative Erwähnung von 50+1. Wenn Herr Mang das alles so meint, wie er es sagt, dann kommt 1860 keinen Schritt voran. Einen Kurswechsel sehe ich nicht. Herr Mang sollte lieber mit uns reden, bevor er plakative Wahlversprechen verkündet, die Balsam für die Ohren mancher Wähler sind. Herr Mang weiß besser als ich, dass er fast keines seiner Wahlversprechen ohne uns umsetzen kann. Wollen wir weitere Jahre ins Land ziehen lassen, ohne uns in eine positive Richtung zu entwickeln? Das sind Fragen, mit denen sich Herr Mang und sein Team sofort ausseinandersetzen sollten.
db24: Wie denkt Ismaik darüber?
Ismaik ist offen gegenüber jedem, der es gut mit 1860 meint. Ich glaube, dass Herr Mang und seine Mitstreiter das Gleiche wollen und darum schlage ich vor: Herr Mang, korrigieren Sie Ihren Kurs! Was Hasan nicht akzeptiert, ist das bewusste Kleinhalten der Löwen.
db24: Sie haben Reisinger erwähnt: Er findet, dass sich die Entwicklung der Löwen in seiner Amtszeit sehen lassen kann. Können Sie das bekräftigen?
Auch wenn ich niemals ein Freund von ihm gewesen bin und er nicht mein Freund, sollte man Robert Reisinger seine Meinung lassen, ich habe grundsätzlich eine ganz andere: Wir sind in den letzten Jahren immer kleiner und unbedeutender geworden - wir werden in der Stadt München oder im Fußball-Geschäft insgesamt nur noch am Rande wahrgenommen. Das ist erschreckend. 1860 war immer Fußball - und so muss es auch wieder werden. Die Löwen sind weiß-blau, alles andere sollte sich dahinter eingliedern! Sich hinter dem Bamboleo oder den steigenden Mitgliederzahlen zu verstecken, halte ich für falsch. Denn dann sollte man im gleichen Atemzug auch bitte sagen, dass viele Neumitglieder aufgrund ihrer Dauerkarte für die Profi-Mannschaft einen Beitrag für den e.V. leisten; was ich im übrigen gut finde. Würden sie das nicht tun, würden sie auch keine Dauerkarte bekommen. Auch das gehört zur Wahrheit.
db24: Wie stehen Sie zur Stadion-Frage?
Ein kompletter Ausbau des Grünwalder Stadions auf höchstem Niveau wird uns nach Aussage der Stadt München nie die Möglichkeit geben in der Bundesliga zu spielen, sondern nur maximal Zweite Bundesliga. Und das ist für mich ein No-Go. Kaum zu schweigen von Namensrechten, Catering, die wir vielleicht nicht bekommen. Wer weiß, was wir dann für einen Mietzins zahlen. Wir zahlen heute schon einen sehr hohen Beitrag, der ein klarer Wettbewerbsnachteil für uns ist. Auch das wurde schon mehrmals kommuniziert.
db24: Gibt es also keine Chance?
Schauen Sie! Wir alle, und da spreche ich auch im Namen der Familie Ismaik, haben Verständnis für die Liebe der Fans zum Standort Giesing. Doch im Profifußball ist es nunmal so, dass der Spielbetrieb auch finanziert gehört. Und ich glaube nicht, dass die Fans es lustig fänden, wenn wir die Dauerkarten-Preise verdrei- oder vervierfachen müssen, um den Verbleib im heutigen Stadion zu finanzieren. Die Entscheidung in der Stadion-Frage wird in den Gremien getroffen - von uns allen.
db24: Sie sind sehr deutlich…
Ja, weil die Fakten auf dem Tisch liegen: Glauben Sie wirklich, dass wir bei 1860 die Erste Liga ausschließen dürfen? Nein, zumindest so lange ich dieses Amt als Aufsichtsratsvorsitzender inne habe. Wir reden von einem dreistelligen Millionen-Betrag für den Umbau, der nichts anderes bedeutet, als: Nie mehr Bundesliga! Was ich vor allem will, ist Ehrlichkeit gegenüber unserer treuen Fanbase und keine Luftschlösser: Es wird keinen großen Ausbau des Grünwalder Stadions geben! Bevor nun wieder der schwarze Peter der Stadt München oder Hasan Ismaik zugeschoben wird, ist zu betonen: Egal, wer Hauptgesellschafter von 1860 ist, egal wer Aufsichtsratsvorsitzender oder Geschäftsführer von 1860 ist, kein Unternehmer oder Investor wird unter diesen uns allen bekannten Bedingungen einen langfristigen Mietvertrag unterschreiben.
db24: Was macht Sie da so sicher?
Angenommen, wir sollten nächste Woche unsere Zusage fürs Grünwalder Stadion geben, glauben Sie wirklich, dass Investoren oder Mitgesellschafter einen Mietvertrag über zehn Jahre unterschreiben, der horrende Verluste inkludiert und die Bundesliga ausschließt? Profifußball ist keine Liebhaberei. Wir haben hierbei volles Verständnis für die Stadt München, dass sie in Zeiten knapper Kassen, die kalkulierten Ausbaukosten selbstredend auf den Mieter umlegen muss.
db24: Klingt logisch. Die Alternative wäre ein Neubau…
So schaut’s aus! Herr Dieter Reiter, unser Münchner Oberbürgermeister, hat uns nicht nur die Hand gereicht für einen möglichen Neubau, sondern auch seine Hilfe zugesichert bei der Grundstückssuche - ich nehme ihn beim Wort. Und auf Dieter kann man sich immer verlassen, ich kenne ihn lange genug.
db24: Und wer finanziert den Spass?
Es gibt Finanzierungsmöglichkeiten vielfältigster Art - der wichtigste Trumpf ist Dieter Reiter. Wenn er uns unterstützt, wie er uns zugesagt hat, wäre das eine unglaubliche Starthilfe. Ich weiß aus vielen Gesprächen, in denen es immer wieder heißt: “Wenn 1860 sich neu aufstellen will, dann könnten wir uns vorstellen z.B mit den Namensrechten einen Stadion-Neubau zu unterstützen.” Auch Hasan Ismaik hat mehrmals klar aufgezeigt, dass er für eine neue Heimat zu haben ist. Ich sage deutlich: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Hasan Ismaik ist jedenfalls bereit! Wir müssen unsere eigene Zukunft endlich selbst in die Hand nehmen. Jetzt - und nicht in zehn Jahren!