Der Giesinger Staat: Die "Süddeutsche Zeitung" legt den Finger in die PRO1860-Wunde
- VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)
- 28.06.2019 22:47
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VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)
Es war Christina Jodlbauer, die ehemalige Aufsichtsrätin des TSV 1860, die kurz nach dem Doppelabstieg 2017 gegenüber dieblaue24 sich getraut hatte zu sagen, was viele treuen Fans denken. “Ich konnte diese Art von Vereinspolitik nicht mehr ertragen. Sie hat mich erdrückt. Diese Menschen haben nur eines im Kopf: Zu manipulieren und Politik zu machen - ohne Rücksicht auf Verluste…Der Verein wird mit diesen Leuten sterben”, erklärte die Dingolfinger Ex-Politikerin, die zwischen 2007 und 2013 im Kontrollgremium des Klubs saß.
Jodlbauer wütend: “Schon zu meiner Zeit wurde der Verein unterwandert. Diese Leute interessiert nicht der Sport, sondern nur das Grünwalder Stadion. Ich kann nur appellieren: Liebe Fans und Mitglieder, bitte wacht auf! Ich habe keine Aktien mehr bei 1860, ich habe keine Lust auf Politik - aber wir alle müssen unserem Verein helfen und sofort aufstehen gegen diese Saboteure im eigenen Lager. Deswegen muss 1860 vor dem Einfluss der Vereinszerstörer geschützt werden.” Die Reaktion des Vereins kam postwendend: Weil sich Jodlbauer kritisch gegenüber den Funktionären geäußert hatte, wurde ihr ein Vereinsauschlussverfahren angedroht. Am Ende kam Jodlbauer mit einem Verweis davon - wie auch Ex-Präsident Peter Cassalette, der ebenfalls nicht mit kritischen Tönen gespart hatte.
Auffälligkeiten, die die beiden ehemaligen 1860-Funktionäre angesprochen haben, hat jetzt die “Süddeutsche Zeitung” aufgeschrieben und den “Giesinger Staat”, der mit Hilfe der Fanorganisation PRO1860 über Jahre systematisch aufgebaut wurde, dezidiert erklärt. Eine zentrale Rolle spielt laut “SZ” der Münchner Zeitungsverleger Herbert Bergmaier. Er krempelte über Jahre die Satzung um. Heute ist der Verein fest in der Hand von PRO1860-Aktivisten. Sogar in der KGaA, die zu 60 Prozent Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik gehört, tauchen immer mehr Personen aus diesem Umfeld auf. Es gibt auch Überläufer, die früher für die ARGE aktiv waren und jetzt an ihrem großen Traum stricken, Macht bei 1860 zu bekommen. Dafür erledigt man im Gegenzug in den Social Media-Kanälen Auftragsarbeit. “Der Herbert Bergmaier hat gesagt: Mit so Zeug kenn’ ich mich aus, diese Satzungsänderung mache ich jetzt zu meinem Hobby”, berichtet der “SZ” PRO1860-Vorstand Hans Vonavka, der im normalen Leben Blumen im großen Stil verkauft. Bei den Mitgliederversammlungen stand Bergmaier, der die dritte Herrenmannschaft unterstützt, immer in der ersten Reihe. Um Anweisungen zu geben oder gewissen Dinge in die richtige Bahn zu lenken.
Doch damit nicht genug: Bergmaier setzt seinen Reporter bei 1860, der den Geist von PRO1860 auf die Leser überträgt, ein. Die “SZ” schreibt: “Wochenanzeiger-Journalist Ralph Drechsel, intern Mr. Brain genannt, verfasst regelmäßig klubpolitische Veröffentlichungen.” Im Anzeigenblatt schreibt Drechsel außerdem unter dem Künstlernamen “Alfons Seeler” - und es ist wenig verwunderlich, dass in diesem Medien Reisinger am ausführlichsten spricht, sehr zum Unverständnis des Münchner Boulevards. An der Grünwalder Straße 114 ist dies längst Gesprächsstoff.
Intern heißt es: Wenn Bergmaier den Daumen senkt, könnte auch Reisinger Geschichte sein. Noch ist PRO1860 aber von Reisinger überzeugt. Ihnen gefällt die Nadelstichpolitik gegen Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Dafür wird Reisinger von seinem Anhang bejubelt. Auch auf der Mitgliederversammlung am kommenden Sonntag ist wieder alles top vorbereitet. Karsten Wettberg, einstiges Gesicht von “PRO1860”, hatte sich bereits nach kurzer Zeit von “PRO1860” wieder verabschiedet. Für ihn waren die Ziele der Vereinigung irritierend und nicht vereinbar mit seiner Vorstellung von einem erfolgreichen 1860.
Die “SZ” vermutet hinter dem Weg von Fröttmaning zurück nach Giesing einen Masterplan. “Dass Dinge sich entwickeln und eine Eigendynamik haben, ist manchen Leuten nicht klar”, erklärte Vonavka gegenüber der “SZ”: “Die denken immer, das muss jemand gedeichselt haben.” Obwohl Vonavka Hasan Ismaik als das Hauptproblem bei 1860 sieht, ist er dem Jordanier dankbar: “Wer hätte es gedacht, dass es ausgerechnet Hasan Ismaik ist, der uns ins Grünwalder Stadion zurück bringt?” Vonavka, die Stimme von PRO1860, lacht laut.
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