db24: Woran denken Sie, wenn wir den Spätherbst 2013 erwähnen?

Puh, Herbst 2013. Könnte das die Torserie gewesen sein?

db24: Exakt! Sie trafen vier Spiele hintereinander in der Zweiten Liga, es waren allesamt spielentscheidende Tore…

Die Zeit ist mir natürlich sehr gut in Erinnerung geblieben (lacht). Das war Wahnsinn. Wir waren in dieser Zeit ziemlich unten reingerutscht, es war Druck auf dem Kessel. Friedhelm Funkel hat ein bisschen was umgestellt, diesen Druck ziemlich cool moderiert. Das erste Spiel in Bielefeld war ein Kellerduell, keine schöne Partie. In der Woche zuvor gegen Dresden war ich der Sündenbock, in Bielefeld habe ich dann das Siegtor gemacht. Gegen Fürth die Woche darauf hat es erneut mit dem 1:0-Siegtreffer geklappt. Dann kam das Spiel in Bochum, erneut habe ich das 1:0 gemacht, wir haben 2:1 gewonnen. Dann dachte ich mir: ´Okay, was geht denn hier ab?´ Es hatte ein bisschen was von versteckter Kamera (lacht). Dann hat meine damalige Verlobte und heutige Frau gesagt, dass ich ja im nächsten Spiel vielleicht erneut treffen würde. Und ich dachte mir, warum eigentlich nicht? Als ich dann gegen Union Berlin kurz vor Schluss das 2:1 gemacht habe, mussten die Mitspieler beim Jubeln auch schon alle lachen, konnten es gar nicht mehr glauben. War auf alle Fälle cool. Mit den zwölf Punkten aus vier Spielen waren wir unten raus und haben sogar oben wieder angeklopft.

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Ungläubiger Jubel: Dominik Stahl (r.) trifft zum späten Sieg gegen Union Berlin - sein vierter Treffer in den letzten vier Partien.

db24: Die Serie riss dann gegen St. Pauli (0:2)…

Davor war Länderspielpause. Wir haben gegen eine ungarische Mannschaft gespielt und ich habe wieder getroffen. Mir hat in diesem Spiel leider jemand eine Rippe gebrochen. Ich wusste, ich kann bei so einem Lauf nicht raus gehen und habe mich für St. Pauli fitspritzen lassen. Es war brutal schmerzhaft. Leider hat es trotzdem nicht geklappt (lacht).

db24: Ihr Ende bei 1860 nach zwölf Jahren im Verein war hart, Sie sollen über die Mailbox erfahren haben, dass Ihr Vertrag nicht verlängert wird…

Ich war in der Saison 2015/2016 beinahe durchgehend verletzt, habe nur vier Spiele gemacht. Es war das Jahr nach dem Relegationsspiel gegen Kiel. Es war noch nicht klar, wer zur Spielzeit 2016/2017 Trainer werden würde. Sportdirektor Oliver Kreuzer und ich hatten keine gemeinsame Vergangenheit, man kannte sich nicht so richtig. Für ihn war ich halt ein Spieler, der immer verletzt war. Neuer Trainer im Anflug, Vertrag läuft aus. Was soll er für einen Grund haben, meinen Vertrag zu verlängern? Für ihn war es deshalb wahrscheinlich keine große Sache, für mich schon. Ich hatte schon gehofft, dass es zumindest noch ein Jahr weitergehen würde, um mir die Möglichkeit zu geben, nach der Verletzung wieder ranzukommen.

db24: Dem war nicht so…

Ja, es ist kein Wunschkonzert. Das habe ich auch akzeptiert. Die Art und Weise fande ich halt wahnsinnig schade. Mir hängt es ehrlich gesagt noch nach, dass ich mich nie von der Nordkurve verabschieden konnte. Wenn es eh schon klar war, dass es nicht weitergeht, dann hätte man es mir auch zum Ende der Saison sagen können. Das wäre auch schade gewesen, aber dann hätte ich diesen Moment der Verabschiedung gehabt. Das bedauere ich schon. In der Sommerpause kam dann eben der berühmte Anruf, als ich nicht erreichbar war und Kreuzer mir auf der Mailbox gesagt hat, dass es nicht weitergeht. Man hätte auch sagen können, dass ich bitte zurückrufen oder mich mit ihm treffen soll. Das fand ich dann schon krass, ehrlicherweise. Aber mittlerweile ist das ausgeräumt, ich habe ihn später einmal getroffen und wir haben darüber gesprochen. Das ist für mich auch okay. Aber dieser Moment, mich von den Fans zu verabschieden und mich bei ihnen zu bedanken, der fehlt mir eben. Ich war zwar nie der Superstar in der Mannschaft, von dem die meisten Trikots verkauft wurden, aber glaube schon, dass das Verhältnis zu den Fans immer ehrlich und gut war.

db24: Wie schnell kamen Sie dann auf die SpVgg Unterhaching?

Wir sind in dieser Zeit zum ersten Mal Eltern geworden, wussten nicht, wie es weitergeht. Klar, ich hatte noch Zeit, war ja dann vertragslos. Dann kam die Option Unterhaching. Die hatten mit Sascha Bigalke eh schon einen Topspieler, hatten etwas vor. Ich habe mich dann mit Schromm und Schwabl getroffen, es war ein cooles Gespräch. Ich habe natürlich gezweifelt, ob ich von der Zweiten Liga in die Regionalliga gehen sollte oder noch etwas warte. Aber durch die Gespräche und die Tatsache, dass wir in München bleiben können, war es eine sehr gute Lösung für mich.

db24: Sie waren lange Zeit bei 1860, mit welchem Kollegen aus dieser Zeit ist der Kontakt denn noch am engsten?

Mit Mathias Wittek war ich im Internat, wir haben noch heute Kontakt. Aus der Profizeit besteht der Kontakt natürlich noch zu Daniel Bierofka, auch mit Gábor Király schreibe ich ab und zu, er hatte ja jetzt am 1. April Geburtstag. Zu Kai Bülow habe ich ebenfalls noch Kontakt, mit Jan Mauersberger habe ich mich neulich mal wieder getroffen. Mit Florian Jungwirth, der in Kanada seine Trainerkarriere verfolgt, habe ich neulich gesprochen. Meistens sind es dann doch eher weniger Spieler, zu denen man dauerhaften Kontakt pflegt, die Wege trennen sich im Fußball eben häufig.

db24: Zwölf Jahre waren Sie bei den Löwen, haben vieles erlebt. Was war für Sie persönlich Ihr größtes Spiel bei 1860?

Das DFB-Pokal Spiel gegen Dortmund (0:2 nach Verlängerung) war Wahnsinn. Komplett ausverkauftes Haus. Wir haben gegen eine der besten Mannschaften weltweit, die kurz zuvor noch im Finale der Champions League stand, gespielt, mit Jürgen Klopp an der Seitenlinie. Sich mit solchen Leuten vor dieser Wahnsinns-Kulisse messen zu dürfen, war unglaublich. Ich war lange am Lendenwirbel verletzt, das war mein erstes Spiel und Funkel hat mich von Anfang an reingeschmissen. Ich hätte sogar der Held werden können mit meinem Kopfball in der ersten Halbzeit, der leider knapp daneben ging. In der Verlängerung musste ich dann leider Marco Reus stoppen. Es gab Elfmeter und die Rote Karte für mich. Vom Fast-Helden zum tragischen Helden (lacht). Aber das Spiel war das große Highlight.

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Tragischer Moment: Dominik Stahl foult in der Verlängerung des DFB-Pokal-Spiels gegen Dortmund Marco Reus im Strafraum. Der Löwen-Spieler muss mit glatt Rot vom Platz, der BVB geht in Führung.

db24: Von der Zweiten Liga kann 1860 derzeit nur träumen, der Aufstieg wurde erneut verpasst. Wie ist Ihr Blick heute von außen auf die Löwen?

Ich verfolge die Löwen natürlich genau. Für die tiefen Einblicke bin ich aber zu weit weg. Ich hatte mich eigentlich gefreut, dass man mit Michael Köllner ein bisschen Konstanz reingebracht hatte, dass ein Trainer mal etwas länger dort arbeiten konnte. Ich bin ein Fan davon. Man sieht an Freiburg oder Heidenheim - auch wenn das Extrem-Beispiele sind -, was durch Konstanz möglich ist. Ich dachte eigentlich, dass Sechzig da auf einem guten Weg ist. Ich fande auch die Verpflichtungen vor der Saison gut, leider hat es nicht geklappt. Zum neuen Trainer kann ich wenig sagen. Es bleibt spannend. Leider ist es für die Fans ein Auf und Ab, wie eben schon immer. Ich hoffe einfach, dass es erfolgreich wird. Dass es zur Ruhe kommt, kann man sich bei Sechzig eigentlich gar nicht vorstellen - nur wünschen (lacht).