Das große db24-Interview mit Ex-Präsident Cassalette: "Von Bennigsen meinte: In sechs Monaten ist Hasan weg!"
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 30.05.2023 20:03
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Ex-Präsident Peter Cassalette genießt sein Leben - das ohne Sechzig. Bis letzte Woche war er mehrere Wochen auf Mallorca. Deswegen konnte er nicht zum Legenden-Treffen ins Filmtheater Sendlinger Tor kommen. Das db24-Interview:
db24: Grüß Gott, Herr Cassalette: Wissen Sie, warum wir Sie heute anrufen?
PETER CASSALETTE: Nein! Ist das Präsidium zurückgetreten?
db24: Nein!
Worum geht es dann?
db24: Heute vor sechs Jahren sind Sie zurückgetreten - nach dem 0:2 im Relegationsrückspiel gegen Jahn Regensburg. Wie ist das damals wirklich abgelaufen?
Ach jetzt! Ich bin kurz vor Spielende ins Büro unseres Anwalts nach Nymphenburg gefahren. Unterwegs habe ich meine Kollegen aus dem Präsidium, den Aufsichtsrat und die Verwaltungsräte zu dieser Krisensitzung eingeladen.
db24: Was ist dann passiert?
Als dann alle da waren, hatte ich ursprünglich nicht die Absicht, zurückzutreten. Aber dann ist in mir von Minute zu Minute der Entschluss gereift, dass irgendwer die Konsequenzen für das sportliche Scheitern übernehmen muss. Unser Vereinsanwalt wollte mich von diesem Schritt abhalten, hatte gesagt: “Das geht ja gar nicht.” Hans Sitzberger und Heinz Schmidt haben dagegen sofort gesagt, sie wollen auf jeden Fall bleiben, weil sie ja nichts dafür können. Und dann hat Verwaltungsrat Robert von Bennigsen das Wort übernommen und meinte zu mir: “Du kannst bleiben - aber wir haben einen Plan und mit diesem Plan ist Hasan in sechs Monaten weg.” Darauf warte ich heute noch (lacht). Deswegen ist die Situation auch heute noch so wie sie ist. Sie verfolgen nur ein Ziel und das heißt, Ismaik loszubekommen.
db24: Dabei wurden Sie doch als Präsident gecastet, um genau das Verhältnis mit Hasan Ismaik wieder her zustellen.
Genau! Sie haben alle gesagt, ich solle die Basis mit Ismaik wieder auf ein ordentliches Niveau bringen, damit er in 1860 investiert. Für mich war es deshalb das Wichtigste, möglichst schnell nach Abu Dhabi zu fliegen. Das hat Robert Reisinger in sechs Jahren nicht einmal geschafft. Angeblich hat er ja Flugangst. Wenn’s ums Golfen geht, steigt er aber trotzdem in den Flieger (lacht). Ich ärgere mich heute noch über Verwaltungsräte wie von Bennigsen und Ostermeier. Die sind dem Hasan sprichwörtlich am Rockzipfel gehangen, wenn er in der Arena zu Besuch war. Ich habe mich da immer fremd geschämt.
db24: Bereuen Sie manchmal, dass Sie damals nicht stark geblieben sind?
Nein, es war kein Fehler! Ich wäre ja wenige Wochen später sowieso abgewählt worden, weil ich den Weg mit Hasan nicht verlassen hätte. Die Konstellation mit Hardlinern des Vereins hat keine Zukunft. Ich frage Sie: Wo ist die Turnhalle, die Reisinger allen versprochen hat? Wo sind die anderen Versprechungen? 1860 bewegt sich keinen Millimeter! Und was ich auch festhalten will: Ich bin nicht in die Regionalliga abgestiegen - das haben andere zu verantworten. Es ist zwar hypothetisch, aber ich glaube, das hätten wir verhindern können. Mit Hasan kann man immer reden, auch wenn die aktuellen Personen im Verein anders über ihn sprechen. Er ist ein guter Mensch - und nein, das sage ich nicht, weil ich von ihm abhängig bin. Es ist so.
db24: Wie sehen Sie im Nachgang heute den Umzug von der Allianz Arena ins Grünwalder Stadion?
Ein Fehler, der leider nicht mehr korrigierbar ist. Ich habe damals bei der Übergabe zu Robert Reisinger gesagt: “Geh zum FC Bayern und sprich mit denen!” Jan Christian Dreesen hatte uns angeboten, den Mietvertrag zu verlängern - das war so ausgemacht. Reisinger meinte dann noch: Um das Stadion kümmern wir uns, wenn es soweit ist. Das war der bekannte Weitblick…
db24: Beim von db24 organisierten Legenden-Treffen im Filmtheater protestierten Fans gegen die Veranstaltung. Mit Nicolai Walch und Sebastian Seeböck saßen zwei Verwaltungsräte an den Biertischen gegenüber des Kinos. Überraschend?
Nein - denn das ist typisch für das neue Sechzig! Das zeigt die ganze Kaputtheit dieses Vereins. Die zwei Verwaltungsräte solidarisieren sich damit indirekt mit Menschen, die das Scheichlied singen und auf Krawall gebürstet sind. Das ist alles krank. Das ist nicht mehr mein Sechzig, das ich lieben gelernt habe. Ich habe früher nach Niederlagen geweint, heute wird der vierte Platz in der Dritten Liga auf dem Dach des Löwenstüberls gefeiert. Das ist schwierig für mich. Und überhaupt ist der zwischenmenschliche Umgang sehr schwierig: Als ich 2017 zur Mitgliederversammlung fahren wollte, klebte an meinem Auto ein Zettel mit der Botschaft: “Komm nicht zur Mitgliederversammlung! Wir wissen, wo dein Auto steht!” Ich war dann zehn Minuten im Auto gesessen und bin dann wieder in meine Wohnung zurück.
db24: Haben Sie noch Kontakt zu Hasan Ismaik?
Nein! Aber ich hoffe, dass Hasan stark bleibt und das weiter aussitzt. Ich an seiner Stelle würde unter dem aktuellen Status keinen Cent mehr freigeben. Ich hoffe zudem, dass 1860 von Günther Gorenzel erlöst wird. Das wäre der erste Schritt.