VON OLIVER GRISS

Seine Aura ist beeindruckend. Als Petar Radenkovic im Mai 2023 als Stargast beim Legenden-Tag von db24 im Kino am Sendlinger Tor vorbeischaute, bekamen die alten grauen Herren, die extra wegen der Torwart-Legende hunderte Kilometer zurückgelegt hatten, um den Radi noch einmal zu sehen, feuchte Augen. Sie erinnerten sich an ihre Kindheit, als sie den Löwen-Torwart anhimmelten. Daran hat sich bis heute wenig geändert: "Der Radi war in den 60er Jahren ein Held, ein König, ein Frauenliebling, eine Ikone, ein stürmender Torwart, ein Popstar, bestes Torhüter von Welt." Einer, auf den alle Löwen-Fans auch heute noch stolz sind. Er ist bis heute DAS Aushängeschild des TSV 1860 - und das obwohl er vor über 50 Jahren zum letzten Mal den Löwen-Kasten hütete.

Leider habe ich den Radi selbst nicht mehr spielen sehen - dafür bin ich zu jung. Aber was ich mit Fug und Recht behaupten kann: Er ist eine Lichtgestalt, ein Charmeur, ein herausragender Mensch und ehemaliger Spitzensportler mit einer faszinierenden Ausstrahlung. Das Paket ist einmalig. Und deswegen bin ich stolz, dass ich ihn in den 90er Jahren als Kolumnist für die Abendzeitung, später dann auch für dieblaue24 gewinnen konnte. Übrigens ohne Honorar. Es war ein Freundschaftsdienst.

Nicht alle konnten mit Radis direkter Art umgehen: Als Radi nach dem Abstieg 2004 Präsident Karl Auer und “Fanartikelverkäufer” Roland Kneißl als Sportchef ein schlechtes Zeugnis ausstellte, veröffentlichte die “tz” als Retourkutsche für die AZ-Kolumne ein Bild einer beschmutzten Radi-Statue.

Dabei wollte das Löwen-Idol, das vor vielen Jahren seine Mitgliedschaft bei 1860 gekündigt hat, nur eines: Dass sein geliebter Klub endlich von professionellen Leuten mit Weitblick geführt wird. Bis heute wartet der “blaue Beckenbauer” auf die Wiederauferstehung seiner Löwen - und das liegt auch daran, dass der Giesinger Arbeiterverein nie auf seine Ikone gehört bzw. ihn eingebaut hat. Der Serbe wäre ein großartiger Türoffner in die Wirtschaft und in den Sport gewesen. Noch heute fragen Sponsoren nach ihm. Bei Wirtschaftsgrößen wie Herbert Diess, Norbert Reithofer oder Klaus Lutz hat Radi einen Stein im Brett.

Dass die Sechziger ihr größtes Aushängeschild nie eingebunden haben, ist typisch für diesen Verein, der sich seit Jahrzehnten selbst im Weg steht. Früher hat man sich für sportliche Erfolge gefeiert, heute für das Panini-Album und das Bamboleo.

Alles Gute zum 90. Geburtstag, Radi!