VON OLIVER GRISS

Es ist wie immer beim TSV 1860: Wenn etwas nicht sofort klappt, dann wird die Keule ausgepackt - und die richtet sich nun in erster Linie gegen Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner. Die einen sagen: “Zurecht!” Die anderen meinen: “Habt Geduld! Wenn wir diese Saison überstehen, dann haben wir die größten Sorgen los…”

Tatsache ist: Poschner hat mit einigen fragwürdigen Personal-Entscheidungen in den letzten elf Monaten selbst dafür gesorgt, dass die Löwen in diese sportliche Schieflage geraten sind. Aber der Umbruch war auch von “ganz oben” so gewünscht.

Was ist Poschner im Detail vorzuwerfen? In erster Linie seine unglückliche Trainer-Wahl (Ricardo Moniz und Markus von Ahlen), die (unüberlegte) Trennung im Sommer 2014 der beiden Identifikationsfiguren Gabor Kiraly und Benny Lauth, das Fehlen von Charakterköpfen in der Mannschaft und die falsche, fast blauäugige Bewertung der Offensiv-Misere im Winter. Vom Boulevard bekommt Poschner zudem den Spiegel vorgehalten, dass beim 2:3 gegen Sandhausen nur noch zwei von 13 Poschner-Einkäufen in der Start-Elf standen. Dass dies auch auf Verletzungssorgen (Okotie, Rodri, Bedia) zurückzuführen ist, wird bei der Analyse freilich vergessen.

Dabei ist neben Zweitliga-Torschützenkönig Okotie auch die Personalie Gary Kagelmacher ein Beispiel dafür, dass die Nase von Poschner gar nicht mal so schlecht sein kann. Anfangs wurde der  Uruguayer als Fehleinkauf abgestempelt, derzeit ist er der beste Löwe und durchaus ein Leader-Typ. Dass Poschner auch die Integration der Löwen-Talente wie Maxi Wittek, Julian Weigl oder Marius Wolf forcierte und diesen 1860-freundlichen Weg immer protegiert hat, will jetzt  keiner mehr wissen. Nebenbei hat es Poschner auch geschafft, teure Bankdrücker aus der Ära Hinterberger (Tomasov, Stark, Wojtkowiak, Steinhöfer) abzugeben.

Keine Frage: Poschner, der vor einem Jahr in einer monatelangen Castingshow die Gunst der Löwen-Bosse bekam und in diesem Procedere Namen wie Jens Lehmann oder Ilya Kaenzig ausstach, hat viel probiert, leider ist nicht allzu viel aufgegangen. Jetzt muss sich Poschner dieser vernichtenden Kritik stellen - intern wie extern. Dass jetzt allerdings der völlig falsche Zeitpunkt ist über Poschners Kopf zu diskutieren, sollte eigentlich allen klar sein, denn jetzt geht es nur um eines:  Um die Rettung unseres geliebten TSV 1860. Und da ist Ruhe oberstes Gebot.