VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Nein, ein Sprücheklopfer war Albion Vrenezi (30) noch nie. Eigentlich wollte der Neu-Kölner vor der Auswärtsreise zum TSV 1860 (Sonntag, 13.30 Uhr, db24-Ticker) kein Interview geben, sondern sich voll und ganz auf seinen Job konzentrieren. Doch für db24 machte er eine Ausnahme. Das Gespräch mit dem zweitliga-erfahrenen Vrenezi:

db24: Herr Vrenezi, die Rückkehr zu 1860 kommt schneller als man denkt: Bereits am Sonntag schlagen Sie mit Viktoria Köln wieder im Grünwalder Stadion auf - mit welchen Gefühlen?

ALBION VRENEZI: Ich habe mich als Spieler bei 1860 wohl gefühlt, die Heimspiele waren oft Festspiele - München ist meine Heimatstadt. Da hat vieles gepasst. Ich bin sehr glücklich und auch stolz darüber, dass ich für diesen Verein spielen durfte. Dass ich jetzt schon nach so kurzer Zeit zurückkehre, freut mich - jetzt komme ich allerdings als Gegner ins Stadion. Und ich sage in aller Deutlichkeit: Wir wollen als Sieger den Platz verlassen. Dann wäre es ein perfekter Arbeitstag für mich (lacht). Meine Familie und auch einige Freunde werden im Grünwalder Stadion sein. Deswegen: Es wird für mich ein besonderes Spiel.

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db24: Wann war für Sie klar, dass es bei den Löwen nicht weitergeht - und was bleibt nach zwei Jahren an der Grünwalder Straße 114 besonders hängen?

Offiziell habe ich es in der letzten Woche vor dem Saisonfinale gesagt bekommen - da war ich dann zu 100 Prozent sicher, dass es bei 1860 München nicht mehr weitergeht. Mein Instinkt hat es mir aber schon im Winter gesagt, dass ich keine Rolle mehr spielen soll. Ich war ja zum ersten Spiel nach der Winterpause nicht im Kader. Das war der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl. 1860 wollte sich anders aufstellen, das hatte ich akzeptiert, auch wenn ich natürlich schon enttäuscht war, dass man so auseinander gehen muss. Ich bin nicht der Typ, der nachtritt, sondern wollte immer professionell bleiben.

db24: Warum hat’s im zweiten Jahr bei Ihnen kaum noch funktioniert, nachdem Sie in der ersten Saison noch 15 Scorerpunkte geliefert haben?

Das Ganze hatte auch einen Namen: Michael Köllner. Ich habe mich bei ihm sehr wohl gefühlt, und jederzeit das Vertrauen gespürt, auch wenn es mal nicht so lief. Er kannte meine Stärken, aber auch meine Schwächen. Er gab mir den Freiraum, den ich als Fußballer brauche. Deswegen hat’s unter ihm so gut funktioniert. Trotzdem muss ich sagen, dass ich auch in der Hinrunde der vergangenen Saison unter Maurizio Jacobacci gute Spiele gemacht habe. Danach hatte ich kein Standing mehr.

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db24: Wer war ihr bester Trainer bei den Löwen: Köllner, Jacobacci, Frank Schmöller oder Agis Giannikis?

Vorneweg: Ich habe mich mit allen Trainern verstanden. Ich bin kein Troublemaker, sondern sehr pflegeleicht. Aber Köllner war für mich mit Abstand der Beste. Er hat zu 1860 gepasst - und das ist ja bei 1860 gar nicht so einfach (lacht). Er wusste, was dieser Verein braucht: Authentizität, Autorität und Ausdauer. Ich habe die Zeit unter Köllner genossen. Ich habe noch heute Kontakt zu ihm. Da merkt man, dass man als Spieler nicht nur eine Nummer ist, sondern in erster Linie Mensch. Die Entlassung hat uns damals in der Mannschaft getroffen, weil sie unerwartet kam.

db24: Sie hatten im Sommer 2023 zur Nummer 10 bei den Löwen gegriffen. Es gab Leute, die Sie davor warnten…

Ich bin ganz offen: Ich schenke Zahlen nicht die große Beachtung. Für mich war das nur eine Zahl. Mir war aber natürlich bewusst, dass die Zehn große Spieler bei 1860 getragen haben: Peter Grosser, Peter Nowak oder Thomas Häßler. Das waren große Zeiten und herausragende Spieler - aber mit uns nicht zu vergleichen. Deswegen habe ich mir dabei nichts gedacht. Ich habe in Köln mir wieder diese Nummer genommen…(lacht).

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db24: Das war ein guter Übergang: Wie klappt es denn im eher beschaulichen Köln-Höhenberg?

Natürlich ist bei Viktoria Köln alles eine Nummer kleiner, doch hier kann man in Ruhe arbeiten. Es ist alles sehr professionell. Das ist ein Plus. Hier geht es 24 Stunden am Tag um Fußball, da wird man nicht abgelenkt. Die Viktoria ist mein erster Verein außerhalb Bayerns. Die Leute hier sind sehr hilfsbereit, herzlich und locker. Das gefällt mir.

db24: Können Sie Vergleiche zwischen 1860 und Viktoria Köln ziehen?

Ja, beide Vereine spielen in der Dritten Liga (lacht). Nein, im Ernst: 1860 ist immer noch ein großer Verein, der mit dieser Vergangenheit, mit diesem Umfeld und dieser Fan-Base eigentlich nichts in der Dritten Liga zu suchen hat. Ich wünsche diesen Fans, dass ihr Traum von der Zweiten Liga irgendwann in Erfüllung geht. Aber am Sonntag kann ich darauf keine Rücksicht nehmen.

db24: Wie sind Sie mit dem eigenen Start zufrieden?

Wir haben drei Punkte aus zwei Spielen geholt - das ist in Ordnung. Es hätten aber auch mehr sein können. Wenn ich bei der 1:2-Heimniederlage gegen Dresden das 1:0 mache, dann hätte das Spiel eine andere Richtung bekommen können. Und in Mannheim beim 2:1 waren wir in der zweiten Hälfte überragend. Wir wissen aber auch: Um im Grünwalder Stadion zu bestehen, brauchen wir eine reife Leistung. Es wird am Ende um Kleinigkeiten gehen, wir wollen dieses Spiel gewinnen - und das ist nicht unmöglich. Unser vorrangiges Ziel ist aber der Klassenerhalt. Wir hatten auch einen Umbruch, aber wir funktionieren als Team schon sehr gut.

Braucht 1860 wieder eine große Fanvereinigung wie seinerzeit die ARGE, um als Gegenpol von Pro1860 zu agieren?

Umfrage endete am 03.09.2024 17:00 Uhr
Ja!
78% (3145)
Nein!
22% (908)

Teilnehmer: 4053

db24: Lassen Sie uns über Ihren neuen Trainer Olaf Janßen plaudern…

Er ist ein echter Fachmann. Seine Erfahrung als Spieler und Trainer spürt man zu jeder Zeit. Olaf Janßen war auch der Hauptgrund, warum ich zur Viktoria gewechselt bin. Er hat mir sofort ein gutes Gefühl gegeben. Er hat sich sehr um mich bemüht. Seine Spielphilosophie passt zu mir. Er hat auch immer einen sehr variablen Matchplan, der gut durchdacht ist. Ich fahre jeden Morgen mit einem guten Gefühl und einem Lächeln in die Arbeit - das ist sehr viel wert.